Der Präsident des Israelitischen Gemeindebundes Herbert Winter sorgt sich um die Toleranz. Jeder sollte tragen können, was er möchte, sagt er im az-Interview.
Herr Winter, heute debattiert der Ständerat über ein nationales Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum («Burkaverbot»), eine Standesinitiative des Kantons Aargau. Was halten Sie davon?
Herbert Winter: Ich bin gegen ein Burkaverbot, obschon auch ich gerne den Menschen ins Gesicht schaue. Wir leben hierzulande aber in einem liberalen Rechtsstaat, und jeder sollte tragen können, was er möchte. Allerdings soll das Gesicht, wo zum Beispiel von den Behörden verlangt, gezeigt werden. Es ist leider nicht auszuschliessen, dass irgendwann im Zuge dieser Diskussion über religiöse Kleidungsvorschriften auch das Tragen der jüdischen Kopfbedeckung Kippa infrage gestellt wird. Die Tendenz, dass die Toleranz gegenüber religiösen Minderheiten abgenommen hat, bereit mir grosse Sorgen.
Wissen Sie von Kreisen, in denen ein Kippa-Verbot erwogen wird?
Nein, bisher nicht. Wir Juden hörten aber nach der Annahme der Minarettinitiative problematische Äusserungen von Politikern. Ich erwähne als Beispiele die Forderung, separate Friedhöfe für religiöse Minderheiten zu verbieten, das Thema Schulabsenzen oder Knabenbeschneidungen.
Ist dies eine direkte Folge der Minarettinitiative?
Ich sehe dies als allgemeine Stimmung, ausgelöst durch ein Bewusstsein, das vermeintlich typisch Schweizerische zu betonen und Abweichungen davon nicht zu akzeptieren…
Gesellschaft
Rabbiner sind gefragt: Naht das Ende?
Im Zuge der arabischen Aufstände im Nahen Osten blickt Israel besorgt in die Zukunft. Immer häufiger werden nun prominente Rabbiner nach ihrer Sicht der Dinge befragt. Rabbi Chaim Kanievsky schrieb auf dem religiösen Internetportal „Haredim“, es sei wahrscheinlich, dass „jede Ruhelosigkeit Gottes die Ankunft des Messias ankündigen könnte“. Rabbi Michel Yehuda Lefkowitz ist derselben Meinung und fügte hinzu, dass die Aufregung in der Region wahrscheinlich auf Gottes Unzufriedenheit mit der hochmütigen Regierung Israels und der westlichen Staaten zurückzuführen sei. „Zuerst hat Gott Israel mit einem Feuer bestraft. Der Brand auf dem Karmelberg war relativ klein im Gegensatz zu dem was kommen wird. Doch es wurde schnell klar, dass ein Land so stolz und mächtig wie Israel plötzlich Hilfe aus der ganzen Welt benötigte“, so Levkowitz, „aber Israel und seine Verbündeten haben den Aufruf nicht verstanden. Gott lacht sie aus und wartet, ob sie seine Botschaft verstehen werden und weisere Entscheidungen treffen.“
„Warum toben die Heiden und murren die Völker so vergeblich…Aber der im Himmel wohnt, lachet ihrer, und der Herr spottet ihrer.“ (Psalm 2:1,4)
Israels orthodoxe Gemeinde stellt eine Minderheit dar, aber aufgrund der aktuellen Geschehnisse haben sogar die säkularen israelischen Medien damit begonnen, die rabbinischen Erklärungen zu verbreiten.
Zenga Zenga statt Bunga Bunga
Im Internet ist ein Musikclip aufgetaucht, der sich über den libyschen Diktator lustig macht. Das YouTube-Video stammt ausgerechnet aus Israel.
Ein 31-jähriger Israeli namens Noy Alooshe zeichnet für den jüngsten YouTube-Hit verantwortlich. Der Journalist und Musiker, der in Tel Aviv lebt, sah letzte Woche wie Millionen andere Fernsehzuschauer Gaddafis wirre Rede an die Nation. Darin drohte der libyische Diktator den Protestierenden mit blutigen Konsequenzen. «Haus für Haus, Gasse für Gasse» würden die Demonstranten verfolgt. Gaddafi sei komisch angezogen gewesen und habe mit den Armen herumgefuchtelt wie bei einer Trance-Party, sagt Alooshe. Das habe das Zeug zu einem «Klassiker» der elektronischen Tanzmusik.
Alooshe setzte sich einige Stunden vor den Computer und unterlegte die drohenden Worte Gadaffis mit einem populären Song, den der US-Rapper T-Pain mit einem anderen Künstler namens Pitbull veröffentlicht hat. Der Israeli taufte sein Werk «Zenga-Zenga», in Anlehnung an das arabische Wort Zanqa (Gasse), das Gaddafi während seiner Drohrede immer wieder benutzte.
Am vergangenen Mittwoch veröffentlichte Alooshe seinen Elektro-Hip-Hop-Remix auf YouTube und verbreitete den Link über Twitter und Facebook. Und tatsächlich schlug der Song im arabischen Raum ein wie eine Bombe. Bis am Montagmorgen ist der Clip bereits über 600 000 Mal angeschaut worden. Inzwischen haben unter anderem die französische Nachrichtenagentur AFP und die renommierte New York Times über das Phänomen…
Rentner demonstrieren gegen Preisanstieg
Circa 1000 ältere Bürger haben sich am Sonntag vor dem Amtssitz des Ministerpräsidenten versammelt, während Benjamin Netanjahu seine wöchentliche Kabinettssitzung abhielt. Die Pensionäre demonstrierten gegen den Anstieg der Verbraucherpreise. Dem Rentnerverband zu Folge stiegen die Kosten um 300 Schekel (ca. 60 Euro) pro Familie und Monat. Unter dem Leitsatz „Kämpfen um Wasser und Brot“ machten die entrüsteten Protestler mit Wasserbechern, Trillerpfeifen und Schildern auf sich aufmerksam. Die 65-jährige Rentnerin Maya Krimen äusserte gegenüber der Nachrichtenagentur Ynet: „Meine Rente reicht nicht aus, so dass ich nach gebrauchten Dingen auf dem Markt suche“. Als menschenunwürdig bezeichnete die aus Russland nach Israel eingewanderte Frau ihre Situation. Der Leiter des Rentnerverbandes appellierte an Benzion Netanjahu, den 100-jährigen Vater von Benjamin Netanjahu: „Lass nicht zu, dass dein Sohn uns ausnutzt.“ (ih)
Koschere Tropfen: Wein aus Israel immer beliebter
Zichron Jaakov (dpa) – Bei Israel denkt man an vieles, nur nicht an guten Wein. Dabei schwärmen führende Experten mittlerweile von den mediterranen Tropfen aus dem Heiligen Land. Denn im israelischen Weinbau hat eine Revolution stattgefunden.
Ein Israeli trägt Kisten durch Reben während der Merlot-Weinlese im Weinberg vom Kibbutz Tzuba. Der israelische Wein setzt sich langsam durch.
Wein aus Israel galt lange Zeit als mittelmässig oder gar ungenießbar. „Die billigsten Weine in europäischen Supermärkten kamen von hier“, sagt Daniel Rogov, Israels führender Weinkritiker. Niemals hätte der Journalist der Tageszeitung „Haaretz“ eine israelische Weinflasche zum Vergnügen geöffnet. „Viel zu süss“, winkt der Kritiker ab. Doch seit die Weingüter ihre Winzer im Ausland ausbilden lassen und nur die besten Reben für ihren Wein verwenden, hat sich einiges verändert.
Zahlreiche Experten loben mittlerweile das Weinland Israel. „Israel hat den Dreh hin zu hochwertigen Qualitätsweinen geschafft“, schreibt der Wein-Papst, Robert Parker, in seinem monatlichen Expertenblatt „Wine Advocate“. Ganze 40 Weine aus dem Heiligen Land hat Parker für gut befunden. 14 von ihnen gab der Kritiker über 90 von 100 Punkten.
„Unser Wein schmeckt heute mediterran“, erklärt Adam Montefiore den Erfolg. Der Direktor für Weinentwicklung auf Israels grösstem Weingut, „Carmel“ in Galiläa, vermeidet ganz bewusst den Begriff „Naher Osten“. „Das klingt nach Problemen, Politik und Selbstmordattentätern“, meint der Experte. „Bei mediterran denken die Menschen an Olivenöl, gutes Essen und vorzüglichen Wein.“ Und davon gibt es in Israel inzwischen mehr als genug. 200 Betriebe füllen jährlich über 36 Millionen Flaschen ab, so das israelische Institut für Export in Tel Aviv.
Den Erfolg hat bei „Carmel“ die Abkehr von der Massenproduktion gebracht. 15 Millionen Flaschen verlassen jedes Jahr das Weingut. Vor wenigen Jahren waren es noch doppelt so viele. „Wir haben die Menge reduziert, um besseren Wein zu machen“, sagt Montefiore. Das 1882 von Baron Edmond Rothschild gegründete Traditionsunternehmen setzt jetzt auf Klasse statt Masse. Der Yatir Forest, Jahrgang 2003, von „Carmel“ gilt international als Spitzenwein.
Hinzu kommt, dass eine neue Generation von Weinbauern Erfahrung auf der ganzen Welt gesammelt hat. Die drei Winzer des zweitgrössten Produzenten „Barkan“ östlich von Tel Aviv beispielsweise gingen in Australien, Frankreich und den USA in die Lehre. „Israels Weinbauern greifen auf internationales Wissen zurück“, sagt die Barkan-Winzerin Irit Boxer.
Und so stieg 2010 auch Israels Weinexport ins Ausland um fast 30 Prozent auf 21 Millionen Euro. Über die Hälfte landet nach Angaben des Instituts für Export dabei in amerikanischen Läden. Deutschland liegt nach Frankreich und Grossbritannien auf Platz vier. Auf der „ProWein“ (27. bis 29. März) in Düsseldorf stellen erstmals zehn israelische Weingüter ihre Produkte vor, so viele waren es noch nie…
Gaddafis Zuflucht in Israel und die Möglichkeit der Alijah
Die Gerüchte über jüdische Wurzeln des libyschen Diktators Gaddafi sind nicht neu. Im Blickpunkt der aktuellen Ereignisse in Libyen und der Gefahr, die Protestierenden könnten den Diktator stürzen, so wie es in Tunesien und Ägypten der Fall war, ergibt sich die Frage, ob Gaddafi Zuflucht in Israel finden könnte. Sollte der libysche Diktator Gaddafi von seinem Volk vertrieben werden, könnte er aufgrund seiner jüdischen Wurzeln in Israel Zuflucht finden.
Schon im vergangenen Jahr hat der israelische TV-Sender „Channel 2“ zwei israelische Frauen interviewt. Diese behaupten entfernte Verwandte von Gaddafi zu sein. Die ältere , Guita Brown, sagte, sie sei seine Cousine zweiten Grades. Die Grossmutter von Guita Brown sei angeblich die Schwester von Gaddafis Grossmutter. Die jüngere der Frauen, Rahel Saada, ist die Enkelin Guitas. Demzufolge soll Gaddafis Grossmutter eine Jüdin gewesen sein. Sie war auch mit einem Juden verheiratet.
Nach dem Gaddafis Grossmutter von ihren Ehemann schlecht behandelte wurde verliess sie ihn. Später heiratete sie einen muslimischen Scheich. Aus dieser Ehe ging die Mutter von Muammar Gaddafi hervor. Durch Heirat mit ihren muslimischen Mann vollzog sich für Gaddafis Grossmutter zum Islam übertritt automatisch. Aber gemäss jüdischem Gesetz gilt sie ethnisch noch immer als Jüdin. „Also heisst das“, sagte der erstaunte Reporter, der das Interview führte, „dass Gaddafi nicht nur jüdische Verwandte hat, sondern jüdisch ist!“. Sollten die Ausführungen von Brown und Saada stimmen, so kann er ganz legal nach Israel wie jeder andere Jude einwandern. Selbst wenn jedes andere Land ihm das Exil verweigern würde, darf Israel ihn vom Gesetz her nicht abweisen. „Es gibt doch sicher eine Behörde in Israel, die es begrüssen würde, ein ehemaliges Staatsoberhaupt im Team begrüssen zu dürfen.“, scherzte der Moderator im israelischen TV nach diesem Interview.
Naveh: Wir brauchen mehr Glauben an Gott
Israels Vize-Generalstabschef Yair Naveh hat am Sonntag während eines Besuchs der Tzrifin Armeebasis bekräftigt, dass die israelische Armee mehr Glauben an Gott brauche als Glauben in seine Flugzeuge und Panzer. Naveh besuchte in Begleitung der beiden israelischen Oberrabbiner Jona Metzger und Shlomo Amar den obersten Militärrabbiner. Der Vize-Generalstabschef ist der Meinung, die aktuellen Entwicklungen in der arabischen Welt seien „von oben geführt“. Israel sei ein Land wie eine Insel inmitten eines Sturmes im Nahen Osten, der selbst von Geheimdienstlern so nicht vorhergesagt werden konnte, obwohl diese gute Arbeit leisten, liess er verlauten. „Wir wissen nicht, wohin es führt, aber es ist klar für uns, dass es eine Hand von oben gibt.“ Naveh erklärte, die israelische Armee sei eine jüdische Armee, eine Armee von Gläubigen, und lobte die Tatsache, dass sich in den letzten Jahren mehr und mehr Religiöse als Soldaten verpflichtet haben.
Neue Internetseite ermöglicht Fragen an israelische Reservisten
Eine Gruppe israelischer Veteranen hat eine Internetseite ins Leben gerufen, auf der Interessierte aus aller Welt ehemaligen israelischen Soldaten persönliche Fragen zum Dienst in der Armee und zum Leben in Israel stellen können. Anlass für die Initiatoren war nach ihren eigenen Angaben die negative Art und Weise, auf die israelische Militärangehörige in den Medien und im Internet oftmals dargestellt würden.
„Der Aufbau dieser persönlichen Verbindungen ist der einzige Weg, um mit diesen Missverständnissen über uns aufzuräumen“, zitiert die Tageszeitung „Jerusalem Post“ Daniel Nisman, einen der Initiatoren. Der 24-Jährige erklärt weiter: „Die Existenz dieser Seite zeigt, dass wir nichts zu verbergen haben. Wir würden niemals eine Internetseite wie diese von Hamas-Angriffskommandos sehen.“
Die Gründer hoffen, das sich zur Beantwortung der Fragen weitere Freiwillige aus verschiedenen Bereichen der Armee melden. Bislang können acht ehemalige Soldaten auf http://www.friendasoldier.org per E-Mail befragt werden.
Israeli erwägt Klage wegen Alkohol in Cola
Ein israelischer Muslim aus der Jesreel-Ebene will gegen die Firma Coca-Cola klagen, falls das gleichnamige Getränk tatsächlich Alkohol enthält. Am Dienstag hatte ein US-Radiosender behauptet, er habe das wohlgehütete Geheimrezept von Coca-Cola entdeckt – und in dem Erfrischungsgetränk sei unter anderem Alkohol enthalten.
„Wenn das stimmt, ist es ein Skandal“, sagte der Muslim Muhammad Mafra gegenüber der Tageszeitung „Ma´ariv“. „Sie haben uns all die Jahre getäuscht und mich veranlasst, eine schwere Sünde zu begehen.“ Der 67-jährige Israeli lebt in der Ortschaft Solam bei Afula. Er und seine Angehörigen sind Cola-Fans: „Es vergeht kein Tag, an dem bei uns in der Familie keine Coca-Cola auf dem Tisch steht, wir alle trinken sie gerne. Und jetzt stellt sich heraus, dass wir alle gesündigt haben.“
Infolge der Veröffentlichung beauftragte Mafra einen Rechtsanwalt. Dieser schrieb an den Hersteller: „Mein Mandant ist ein strenger Muslim und wird auch die Pilgerfahrt nach Mekka unternehmen. Er trinkt jeden Tag Cola. Aus verschiedenen Veröffentlichungen hat er nun erfahren, dass in den Coca-Cola-Flaschen Alkohol enthalten ist.“ Weiter heisst es in dem Schreiben: „Wenn es tatsächlich so ist, dann ist meinem Mandanten ein schwerer Schaden und eine tiefe Verletzung seiner religiösen Gefühle entstanden.“ Der Muslim werde aufhören, Cola zu trinken, bis er eine Antwort erhalte. Wenn die Firma nicht unverzüglich versichere, dass die Flaschen keinen Alkohol enthielten, müsse sie mit einer Klage rechnen…
„Google Street View“ auch in Israel?
Die Macher des allgegenwärtigen „Google Street View“ haben ein Auge auf Israel geworfen. Eine Sonderkommission unter der Leitung von Geheimdienstminister Dan Meridor soll nun entscheiden, ob man es zulassen will, die Strassen von Tel Aviv, Jerusalem und Haifa künftig am Computer virtuell durchlaufen werden können. Das Komitee muss darüber befinden, ob dies die Sicherheit Israels gefährdet. In anderen Ländern hatte es kontroverse Diskussionen über die mögliche Verletzung der Privatsphäre der Menschen auf den Bildern von „Google Street View“ gegeben, das seit 2007 Grossstädte auf der ganzen Welt digitalisiert. Aber in Israel ist die Debatte eher, Terrororganisationen davon abzuhalten, das Programm gegen Israel zu verwenden und beispielsweise gezielt Politiker zu attackieren. Im September hatte Google die neugegründete israelische Firma Quiksee gekauft, deren Technologie als ein fehlendes Glied in der Verbesserung von Google Street View galt. Mit dieser Technik können Gebäude auch von innen gescannt werden.