Israel will seine Ruhetage dem Westen anpassen


Die Regierung in Israel untersucht derzeit die Verlegung des arbeitsfreien Wochenendes auf die im Westen üblichen Wochentage Samstag und Sonntag. Dies könnte dem lokalen Finanzmarkt zugute kommen.

Zugleich könnte dies auch Vorteile für den Einzelhandel und den Tourismus haben, lauten die gewichtigsten Argumente für das Vorhaben.

Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat den Chef des  Nationalen Wirtschaftsrates Eugene Kandel in dieser Woche beauftragt, die Folgen einer Verschiebung der bisherigen Wochenendtage Freitag und Samstag zu prüfen. Dem Vorschlag gemäss würde am Freitag halbtags gearbeitet. Viele Israelis nutzen den Freitag, um sich auf den folgenden jüdischen Sabbat vorzubereiten.

An ihrem traditionellen Ruhetag, der am Freitag mit dem Sonnenuntergang beginnt, dürfen gläubige Juden nicht arbeiten und nicht reisen. Die meisten Restaurants und Geschäfte bleiben geschlossen.

Arbeitsplätze werden im heutigen Israel hauptsächlich nicht in der Industrie, sondern bei Handel und Dienstleistungen geschaffen”, sagte Uriel Lynn, Präsident der Israelischen Handelskammer, und erklärte: “Wenn der Sonntag ein voller Feiertag ist, können die Familien einkaufen und es sich gut gehen lassen. Dabei werden mehr Arbeitsplätze in Handel und Dienstleistungen geschaffen.”

Wichtigster Unterstützer des Vorschlags ist der israelische Minister für Regionalentwicklung Silvan Shalom. Er argumentiert, die Finanzmärkte würden von einer zeitlichen Übereinstimmung mit den westlichen Volkswirtschaften stärker profitieren als vom bisherigen Einklang mit den muslimischen Nachbarländern, in denen das Wochenende ebenfalls auf Freitag und Samstag fällt.

Ablehnend steht Finanzminister Yuval Steinitz den Plänen gegenüber. Er vertritt die Ansicht, es sei für Juden und Moslems gleichermassen wichtig, am Freitag frei zu haben. Wenn der Sonntag frei wäre, würde dies die
Verwaltungskosten des Staates erhöhen, sagte Steinitz.

Nach Einschätzung von Shalom könnte die Zahl der Arbeitsstunden an den Werktagen erhöht werden, um einen Teil der verlorenen Arbeitsstunden aufzuwiegen. Lynn schlug vor, die Zahl der Urlaubstage zu
reduzieren.

Das neu ausgerichtete Wochenende würde “einen koordinierten Handel mit Devisen, ausländischen Aktien, Rohstoffen, Investmentfonds und anderen Finanzinstrumenten in Verbindung mit den anderen
internationalen Märkten ermöglichen”, hieß es in einem Bericht, der im Büro von Shalom ausgearbeitet wurde.

Auch die Tourismusbranche würde von einem arbeitsfreien Sonntag profitieren, erwartet Ami Federman, Präsident der Hoteliervereinigung und Vize-Chairman der Dan Hotels Corp., der grössten Hotelkette im Lande.

Die Wirtschaftskraft von Israel stieg im vergangenen Jahr um annualisierte 4,7 Prozent. In den USA kam das Bruttoinlandsprodukt 2,9 Prozent voran und in der EU legte es 1,7 Prozent zu. Kritiker halten die Erwartungen
zu den wirtschaftlichen Vorzügen eines neu ausgerichteten Wochenendes für überzogen.

Dass die Leute mehr Zeit zum Einkaufen haben, könnte gewisse Vorzüge haben, besonders für den jüdisch- religiösen Sektor”, sagt Analyst Tal Shirizly von der Psagot Investment House Ltd. in Tel Aviv, “andererseits wird das Budget der Durchschnittsfamilie unverändert bleiben.”

An der Tel Aviv Stock Exchange ist das Handelsvolumen am Freitag niedriger als an den anderen Tagen, da weniger ausländische Investoren am Markt aktiv sind. Ein halber Tag im Freitagshandel würde die
Gesamthandelszeit verringern.

Bislang seien die Israelis zudem in der Lage, auf andere Märkte zu reagieren und an einem Tag zu handeln, an dem andere Märkte nicht geöffnet seien, sagte Elah Alkalay, Vice President für Geschäftsentwicklung bei
der IBI-Israel Brokerage & Investment Ltd. “Ich kann nicht erkennen, wie dies wunderbar für die Volkswirtschaft allgemein sein sollte”, erklärte sie.

Eine Verschiebung des Wochenendes würde auch die fast 17 Prozent der israelischen Bevölkerung betreffen, die muslimischen Glaubens sind.

Viele muslimische Länder der Welt haben auf ein Sonntags-Wochenende umgestellt”, sagte Shalom im Fernsehsender Channel Two auf die Frage, ob eine Umstellung fair zu den Muslimen wäre, die am Freitag – dem islamischen Gebetstag – arbeiten müssten. “Globalisierung ist wichtig und sie wollen mit der Welt verbunden sein”, entgegnete er.

(Bloomberg)

 



Kategorien:Politik

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