Iran forciert offenbar sein Nuklearprogramm. Nach Erkenntnissen der Internationalen Atomenergiebehörde soll Teheran in den vergangenen Monaten tausend neue Zentrifugen installiert haben, mit denen Uran angereichert werden kann. Israels Verteidigungsminister Barak drängt auf einen Militärschlag.

AP/ DigitalGlobe: Anlage nahe Ghom: Tausend neue Zentrifugen angeschafft?
In Wien treffen sich heute Vertreter Irans mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), um über eine friedliche Lösung des Atomstreits zu beraten. Im Kern soll es bei den Gesprächen um die Versuchsanlage Parchin in der Nähe von Teheran gehen. Die IAEA will ihren Kontrolleuren Zutritt zu dem Komplex verschaffen, das iranische Regime lehnt dieses Ansinnen bislang ab. Parchin sei eine militärische Anlage, die nichts mit dem Atomprogramm zu tun hat – das laut Angaben Teherans ohnehin nur zivilen Zwecken dient.
Doch sowohl die IAEA als auch der Westen bezweifeln diese Darstellung. Und die Skepsis wächst. Inspektoren der Atomenergiebehörde haben offenbar herausgefunden, dass Iran in den vergangenen Monaten Hunderte neuer Zentrifugen installiert hat, mit denen Uran angereichert werden kann. Die Zentrifugen seien in eine unterirdische Anlage nahe der Stadt Ghom gebracht worden, die vor Bombenangriffen aus der Luft besonders geschützt ist.
Entsprechende Erkenntnisse werde die IAEA in Kürze in einem Bericht vorlegen, berichtet die „New York Times“. Nach Angaben von Olli Heinonen, ehemaliger Chef-Inspektor der IAEA, hätte das Regime die Zahl der Zentrifugen um ein Fünftel erhöht. Die Kontrolleure bestätigen damit die Äusserung eines iranischen Offiziellen, der Ende Juli damit geprahlt hatte, dass sein Land tausend neue Zentrifugen produziert habe.
Die Inspektoren hätten auch herausgefunden, dass Iran seine Bemühungen verstärke, Uran bis auf eine Reinheit von 20 Prozent anzureichern. Teheran erklärt, das Material für einen Reaktor zu benötigen, der ausschliesslich medizinischen Zwecken diene. Gleichzeitig ist es von auf 20 Prozent angereichertem Uran technisch gesehen nur noch ein kleiner Schritt, um waffenfähiges Uran zu produzieren. Zum Vergleich: Für zivile Atomkraftwerke benötigt man nukleares Material, das auf drei bis fünf Prozent angereichert ist.
Deshalb hat die sogenannte 5+1-Gruppe – bestehend aus den fünf Vetomächten USA, Russland, China, Frankreich, Grossbritannien sowie Deutschland bei ihren jüngsten Verhandlungen mit der iranischen Regierung darauf gedrängt, dass Teheran aufhört, Uran bis zu einer Reinheit von 20 Prozent anzureichern. Iran hat diese Forderung wiederholt zurückgewiesen. Trotz des beschleunigten Zentrifugen-Baus: Bislang hat das Regime die neuen Anlagen offenbar nicht in Betrieb genommen. Und selbst wenn die Zentrifugen rotieren sollten, benötige Iran noch mindestens zwei Jahre, um einen einsatzfähigen Nuklearsprengkopf herzustellen, so die „New York Times“ unter Berufung auf Schätzungen der US-Regierung.
Der angekündigte IAEA-Bericht lasse zudem offen, ob Teheran überhaupt schon die Entscheidung getroffen hat, Atomwaffen zu produzieren. Die Regierung in Washington sei der Überzeugung, dass dieser Entschluss noch nicht gefällt sei. Offenbar strebe Iran aber an, so viel hochangereichertes Uran herzustellen, dass die Fertigstellung einer Atombombe gegebenenfalls innerhalb weniger Monate möglich sei.
Die neuen Erkenntnisse der IAEA stärken jene in den USA und Israel, die auf einen Militärschlag gegen das iranische Atomprogramm drängen. Denn, so ihre Argumentation, Sanktionen, Sabotageakte und Cyber-Angriffe gegen die Anlagen können den Fortschritt des Nuklearprogramms nicht entscheidend bremsen. Besonders der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak drängt offenbar auf einen raschen Militärschlag. Zeitungen in Israel berichteten zuletzt, dass ein Angriff schon „innerhalb der nächsten zwölf Wochen“ bevorstehen könne. Ähnliche Prophezeiungen waren in den vergangenen Jahren des Öfteren zu lesen, stets erwiesen sie sich als falsch.
Dennoch bleiben die Äusserungen aus Israel offenbar nicht ohne Wirkung. Als Kompromissangebot könnte Teheran daher doch noch einer Inspektion der Anlage in Parchin zustimmen. Entsprechende Vorbereitungen hätten die Iraner jedenfalls getroffen. Satellitenbilder sollen belegen, dass auf dem Gelände umfangreiche Aufräumarbeiten stattgefunden haben. Mögliche Beweise für Waffentests in Parchin wären damit bei einem Besuch der Inspektoren wohl längst vernichtet.
Kategorien:Sicherheit
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