„Israel wird dämonisiert, delegitimiert, boykottiert“


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Yakov Hadas-Handelsman, 55, vor der Neuen Synagoge in Berlin: Er ist seit März 2012 Israels Botschafter in Deutschland. Der Karrierediplomat hat in Jordanien und Katar, der Türkei, Großbritannien, Österreich und bei der EU in Brüssel gearbeitet. Er ist verheiratet und hat drei Söhne (Foto: Reto Klar)

Israels Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, gibt selten Interviews der Zeitung „Welt“. Hier spricht er über das parteiische Auftreten der Europäer und die Chancen auf den Friedensprozess im Nahen Osten.

Auszüge: 

Die Welt: Herr Botschafter, zu Beginn des Ramadans haben Sie muslimische Diplomaten und Vertreter muslimischer Organisationen zum Fastenbrechen in die Residenz eingeladen. Das dürfte manche Deutsche verwundern, die meinen, Israel unterstützen heisst den Islam bekämpfen.

Yakov Hadas-Handelsman: Manche denken das, aber das stimmt nicht. Im Gegenteil. Der Islam gehört zu den drei monotheistischen Religionen, er hat viele Gemeinsamkeiten mit dem Judentum, er predigt Menschlichkeit und Mitgefühl. Das ist kein Nullsummenspiel. Israel zu unterstützen bedeutet nicht, den Islam zu bekämpfen oder umgekehrt. Ich habe in Amman und Dohar als Diplomat gearbeitet, und dort habe ich immer zum Iftar eingeladen.

In Israel werden solche Iftar-Feste übrigens auch gefeiert, beim Präsidenten, beim Sprecher des Knesset. Im Aussenministerium. Vergessen wir nicht, dass 20 Prozent der israelischen Bevölkerung Nichtjuden sind, meistens Araber, deren Mehrheit Muslime sind.

Die Welt: Wenn man sieht, wie Minderheiten oder auch Mehrheiten in den Nachbarstaaten behandelt werden – Kopten in Ägypten, Sunniten in Syrien, Palästinenser in Jordanien: Da wundert man sich, dass in Europa ausgerechnet das multikulturelle Israel als „Apartheidstaat“ bezeichnet wird.

Hadas-Handelsman: Israel einen „Apartheidstaat“ zu nennen ist nicht nur dumm und beleidigend. Es verniedlicht auch das Leiden der schwarzen Bevölkerung Südafrikas unter dem Apartheidregime. In Israel haben Juden und Nichtjuden die gleichen Rechte. Ein arabischer Bürger hat den gleichen Ausweis wie ich. Heisst das, dass es keine Ungleichheit gibt? Nein.

Wir haben noch eine lange Strecke vor uns. Nobody is perfect. Auch Europa nicht, übrigens. Aber die gute Nachricht lautet: Diese Strecke wird Jahr für Jahr kürzer. Was die Palästinenser betrifft: Wir wollen sie nicht kontrollieren. Wir wollen ein Friedensabkommen mit ihnen.

Die Welt: Es geht Israel auch um die von der EU beschlossene Kennzeichnungspflicht für Waren, die aus israelischen Siedlungen in der Westbank kommen. Israel will, dass sich Deutschland dagegen ausspricht. Warum ist das so wichtig?

Hadas-Handelsman: Ja. Wir wollen, dass uns Deutschland hier hilft. Worum geht es? Es sind keine bürokratischen Fragen, sondern politische. Neu ist ja nicht, dass die EU und ihre Vorgängerinstitutionen bei Abkommen mit Israel die im Sechstagekrieg 1967 besetzten Gebiete nicht einbezieht. Die Waren sind ja gekennzeichnet. Jeder kann sehen, wo sie herkommen, etwa Wein vom Golan, selbst wenn einige der Trauben aus Galiläa stammen. Das steht nicht im Kleingedruckten, das steht gross auf dem Etikett. Und wer der Meinung ist, das kann ich nicht guten Gewissens kaufen, der kann anhand des Etiketts sehen, wo die Produkte herkommen. Ich finde das nicht gut.

Neulich sah ich eine Demonstration hier in Berlin vor einem Geschäft, das Kosmetika und Gesundheitsprodukte vom Toten Meer verkauft. Und der einzige Unterschied zu den vergilbten Fotos von damals, als man jüdische Geschäfte boykottierte, ist, diese Fotos sind in Farbe.

Die Welt: Was zeigt das?

Hadas-Handelsman: Wer Waren aus den Siedlungen boykottieren will, kann es jetzt schon tun. Bei der Kennzeichnungspflicht geht es um etwas anderes. Wir haben es ausgerechnet: Es gibt mindestens 40 Fälle weltweit, wo Grenzen umstritten sind oder wo die einen sagen, wir sind legal hier, und die anderen sagen, ihr seid Besatzer.

Ich will nicht in Details gehen, aber da sind selbst EU-Staaten darunter. Aber nur in einem Fall besteht die EU auf eine Kennzeichnung der Herkunft. Nämlich bei uns. Und da sagen wir: Warum sollen wir die Ersten sein? Denn da wissen wir: Wir werden auch die Letzten sein. Wenn wir die Zweiten oder Dritten auf der Liste sind, meinetwegen. Aber eine solche Liste mit 40 Staaten wird es nie geben, das wissen alle.

Das vollständige Interview können Sie bei der Welt lesen.



Kategorien:Politik

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