
Angesichts der chaotischen Lage auf dem Sinai kümmert sich die israelische Regierung intensiv um die angespannte Lage in Ägypten. Eskaliert die Lage im Nachbarland weiter, ist auch Israel unmittelbar von Angriffen radikaler Islamisten bedroht
Mehrfach ist in den vergangenen Tagen durchgesickert, dass sich Israel bei seinen westlichen Verbündeten nachdrücklich für die weitere Unterstützung der ägyptischen Armeeführung einsetzt. Angesichts der chaotischen Lage auf dem Sinai kümmert sich die israelische Regierung intensiv um die angespannte Lage im Nachbarland. Zugleich hat sich das Sicherheitskabinett ein Schweigegelübde auferlegt, weil jede offene israelische Unterstützung die Führung in Kairo in Misskredit bringen würde.
Auf den Punkt brachte diese Woche der frühere israelische Ministerpräsident Ehud Barak die Haltung seines Landes: „Meines Erachtens müsste die ganze Welt Sisi unterstützen“, sagte er dem Nachrichtensender CNN unter Verweis auf den ägyptischen Armeechef, General Abdel Fattah al-Sisi. „Aber wenn wir Israelis ihn unterstützen, wird ihn das wohl in Verlegenheit bringen.“
Anonym sprechen auch Regierungsvertreter in Jerusalem Klartext: „Indem sie der ägyptischen Armee nichts wegnehmen und auch nicht damit drohen“, könnten die EU und die USA Ägypten am besten helfen, „wieder auf die richtige Spur zu kommen“, zitierte die Tageszeitung „Jerusalem Post“ einen Sprecher der Regierung. Am Wochenende hatte schon die „New York Times“ berichtet, dass israelische Diplomaten massiv dafür werben, trotz des gewaltsamen Vorgehens der ägyptischen Armee gegen ihre Gegner die Militärhilfen an Kairo nicht auszusetzen.
Ganz empfindlich würde es die ägyptische Armee treffen, wenn die für 2013 noch ausstehenden 585 Millionen Dollar (rund 440 Millionen Euro) an US-Militärhilfe nicht überwiesen würden. Die jährlich 1,3 Milliarden Dollar an Staatshilfen aus den USA sind substanzieller Bestandteil des Friedensabkommens, das Israel und Ägypten 1979 schlossen. Und angesichts der brisanten Lage auf der Sinaihalbinsel, deren Norden und Osten inzwischen eine Hochburg schwerbewaffneter Islamisten ist, macht sich Israel zum Fürsprecher der von der Armee gestützten Übergangsregierung in Kairo.
Etwa fünfzehn Salafistengruppen, die Kontakte zum Terrornetzwerk Al-Kaida unterhalten, sind in den vergangenen Jahren auf dem unwegsamen, in weiten Teilen gebirgigen Sinai aktiv geworden. Vier dieser Gruppen haben seit 2012 immer wieder Anschläge auf israelische Ziele verübt – mit Raketen, Schusswaffen und Entführungen. Die Dschihadisten sind teilweise aus Saudi-Arabien, dem Jemen und dem Gazastreifen eingesickert, wobei die kampferprobten Palästinenser als Ausbilder fungieren.
Der israelische Geheimdienst Schin Bet, der jetzt eine starke Abwehreinheit nur für den Sinai aufgestellt hat, und der Militärgeheimdienst, der für die elektronische Aufklärung zuständig ist, geben an, dass die meisten Kämpfer Angehörige der einheimischen Beduinenstämme sind, die sich in den vergangenen Jahren unter dem Einfluss der Eingesickerten radikalisiert haben.
Hier rächt es sich, dass die Belange der Beduinen, die 70 Prozent der 600.000 Bewohner des Sinai ausmachen, jahrzehntelang von der Zentralregierung in Kairo vernachlässigt wurden. Vom Fremdenverkehr, Haupterwerbsquelle auf der Halbinsel, haben nur wenige Stämme im Süden profitiert. Ein Auskommen sicherte jahrelang der Schmuggel von Drogen, Zigaretten und Waffen sowie von Wirtschaftsflüchtlingen aus Afrika, deren Familien zudem oft auf übelste Art um weitere Geldsummen erpresst wurden. Seit 2012 die Grenzen nach Israel und nun auch in den Gazastreifen weitgehend dicht gemacht wurden, haben die Salafisten vermehrten Zulauf.
Israel fürchtet nun vor allem um die Urlaubshochburg Eilat mit rund 50.000 Betten sowie dem einzigen Hafen am Roten Meer. Am Dienstag vergangener Woche wurde eine aus Ägypten abgefeuerte Rakete kurz vor einem Wohngebiet abgefangen. Wiederholen sich die Angriffe oder finden sie gar ihr Ziel, sind die Folgen für Eilat verheerend. Ist das ägyptische Militär nicht fähig, den Sinai selbst wieder unter Kontrolle zu bringen, wird Israel versucht sein, dort aktiv zu werden. Und das könnte die bedrängte Generalität in Kairo schwerlich dulden. (JNS und Agenturen)
Kategorien:Sicherheit
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