Polen war lange Zeit das Heimatland für die grössten und vitalsten jüdischen Gemeinden der Welt. Nach dem Ersten Weltkrieg lebten dort mehr als drei Millionen Juden. „Warschau“, so sagte der ehemalige israelische Botschafter David Peleg, „war die bedeutendste ‚jüdische Stadt‘ Europas.“ Allein in Lublin waren vor dem Zweiten Weltkrieg zwischen 30 und 50 % der Bevölkerung jüdischen Glaubens. Kurz: In keinem anderen europäischen Land lebten mehr Juden und doch ist das Gedächtnis an die jüdische Tradition des Landes kaum mehr präsent.
Der polnische Künstler Wojciech Wilczyk, geboren 1961 in Krakau, fotografierte in einer dreijährigen Recherche ehemalige Synagogen und jüdische Gebetshäuser in Polen. Es ist eine einzigartige Dokumentation entstanden, da nur noch wenige Synagogen existieren, die nicht der Zerstörung durch die Nationalsozialisten anheim fielen. Die vorhandene Architektur wurde in den meisten Fällen zerstört, das Dekors abgeschlagen, die Wände glatt geputzt und die Innenausstattung der Synagogen entfernt. Man hat schlicht alles ausgelöscht, was an die frühere Nutzung erinnern konnte.
Die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg taten ein Übriges: Die jüdischen Gemeinden hatten in Polen mehr oder weniger aufgehört zu existieren. Synagogen wurden nicht mehr als Denkmale wahrgenommen. Die jüdische Geschichte geriet in Vergessenheit oder wurde verdrängt. Erst nach 1989 gab es vereinzelte Initiativen, sich mit diesem baulichen Erbe auseinanderzusetzen. Zwar existieren in den grösseren Städten vereinzelt noch Synagogen, die ihrem Zweck entsprechend als Gebetshäuser genutzt werden, andere wurden zu Museen, Galerien, Bibliotheken oder auch Archiven umfunktioniert. Fast drei Viertel der ehemaligen Synagogen sind jedoch aufgrund der architektonischen Veränderungen kaum wiederzuerkennen. Sie werden als Kino, Kindergarten, Büro, Wohnhaus, Lagerhalle, Geschäft, Werkstatthalle, Feuerwehrhaus, Restaurant oder auch als Schwimmbad usw. genutzt. Rund zehn Prozent der Synagogen sind in so einem ruinösen Zustand, dass ihr vollständiger Verfall droht. Gerade diese sind oft sehr alte und daher kunsthistorisch besonders wertvolle Gebäude.
Die Sonderausstellung zu Synagogenbauten in Polen läuft noch bis zum bis 11.5.2014 im KRASZEWSKI-MUSEUM in der Nordstrasse 28 in Dresden.
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(Foto: Wojciech Wilczyk, Pyzdry Synagoga, 2007, © ATLAS SZTUKI)
Kategorien:Kultur
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