In den Medien wurde in den letzten Wochen verstärkt das Gesetz kritisiert, nach dem die maximale Entschädigung für Verleumdung (ohne nachweisliche Schädigung) auf 300.000 Shekel (ca. 60.000 Euro) festgesetzt werden soll. Dies ist sechs Mal so viel wie bisher.
Im Falle einer nachweislichen Absicht der verleumderischen Aussage könnte die verklagte Partei auf 1,5 Millionen Shekel (ca. 300.000 Euro) verklagt werden, wenn anderen Partei nicht die Möglichkeit gegeben wurde, vor Veröffentlichung zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.
Die Medien werfen der Regierung vor, gezielt kritische Berichterstattung verhindern zu wollen. Im Folgenden ein Kommentar von Israel Harel:
Die Medien haben das Vertrauen verspielt
Das Gesetz zu Verleumdungsklagen wird in seiner gegenwärtigen Version nicht viel nützen. Doch der Name, den die Medien ihm verpasst haben, „Schweige-Gesetz“, ist eine Verzerrung der Wirklichkeit. Diese und viele andere Verfälschungen der Medien haben letztlich zu dem Gesetzesvorschlag geführt. Ein zusätzlicher Grund ist das mangelnde Vertrauen, das die Öffentlichkeit in die Medien hat.
Die Vorsitzende Richterin des Obersten Gerichtshofes, Dorit Beinisch, hat mit Justizminister Yaakov Neeman einen Deal geschlossen, der es Neeman gestattet, einige Richter für den Obersten Gerichtshof auszuwählen. Doch während Neeman von den Medien verrissen wird, steht Beinisch da wie die Unschuld vom Lande.
Die dauerhafte Opposition des Obersten Gerichts und der Medien gegenüber der öffentlichen Meinung ist der Grund dafür, dass sich beide heute an einem Tiefpunkt befinden. Nur 14% der Öffentlichkeit, so eine Umfrage, denken, dass der Oberste Gerichtshof das ganze Volk repräsentiert, 75% sind überzeugt, dass er nach links driftet.
Im August wurden die Ergebnisse einer Umfrage zum Thema Medien in Israel veröffentlicht. Die Teilnehmer wurden gefragt, wie sie die Berichterstattung der israelischen Medien, namentlich Fernsehen, Radio und Zeitungen, empfinden.
Nur 15% der Befragten empfanden die Berichterstattung als ausgewogen, 20% als fair, und 27% hielten die Medien für glaubwürdig. Bei einer Umfrage des „Israelischen Institutes für Demokratie“ von 2009 erklärten lediglich 34% der Befragten, sie vertrauten den Medien.
Wenn die Moderatoren der wichtigsten Magazinsendungen im Radio nur mit einer einzigen politischen Stimme sprechen, wenn die Schlagzeilen und die Nachrichten auf den Nachrichtenseiten tendenziös sind („Eine Nachricht soll ausgewogen und ohne Tendenz sein“, heisst es im Ethikkodex des Presserates und: „Zeitung und Journalist unterscheiden zwischen Nachricht und Meinung“), wenn Menschen angegriffen werden, nur weil ihre politische Meinung sich von der der Meinungsmacher unterscheidet – dann wird das Vertrauen in den Journalismus erschüttert. Und der Glaube an die Demokratie gleich mit.
Es liegt in der Natur der Sache, dass nur die Medien selbst ihr Image verbessern können. „Die Anderen“, denen sie vorwerfen, ihnen den Mund stopfen zu wollen, haben keine eigenen Medien, die ihr Ansehen schädigen und auf die Umfrageergebnisse Einfluss nehmen könnten. Die Art der Berichterstattung, ihre Glaubwürdigkeit und ihre Ausgewogenheit sind es, die ihre eigene Glaubwürdigkeit bestimmen. Und allein die Medien sind für ihr Image verantwortlich und könnten es verbessern.
Natürlich gibt es Journalisten, die ihr persönliches und berufliches Gewissen an die Magnaten verkauft haben, doch nicht sie sind es, die den Medien ihr schlechtes Image beschert haben. Die Wahrheit ist, dass die Öffentlichkeit nicht in den Chor und die Propaganda einstimmen mag, die sich der Nachrichtenberichterstattung bemächtigt hat. Unsere Medien sind nicht die „Pravda“, und unser Land ist keine Volksrepublik. Die Öffentlichkeit ist bereit, den Journalisten in der Sowjetunion zu vergeben, die sich mit ihrem Leben verpflichtet hatten. Doch die Sowjetisierung der Medien in dem freien Land Israel wird sie nicht vergeben.
Als die Journalisten in dieser Woche einstimmig das „Schweigegesetz“ verurteilten, mimten sie tatsächlich Reue. Doch mehrheitlich ging es dabei um die Taten von anderen. Sie selbst, die für den Verlust des Vertrauens der Öffentlichkeit in ihre Ausgewogenheit und Glaubwürdigkeit verantwortlich waren, haben noch nie eine Generalversammlung ausgerufen, um den Tiefpunkt zu diskutieren, auf dem sich der Ruf ihres Berufes befindet und die auch mit ihrer persönlichen Reputation und der Zukunft der freien Medien zusammenhängt.
Wenn 85% der Öffentlichkeit davon überzeugt sind, dass die Medien nicht ausgewogen berichten und 80%, dass sie nicht fair sind, dann müsste ein Journalist mit Gewissen eigentlich einmal in sich gehen. Doch so etwas ist bisher noch nicht geschehen, und das wird es wohl auch in Zukunft nicht.
Wenn die Öffentlichkeit ihr Vertrauen in das Rechtswesen und die Medien verliert, dann, so zeigen es ähnliche Fälle aus der Geschichte, besteht eine Gefahr für die Demokratie. Und dies ist, vor allem in den letzten Wochen, der wahre Beitrag von Medien und Rechtssystem zur Stärkung der Demokratie in Israel.
(Haaretz, 24.11.11)
Kategorien:Gesellschaft
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