Neue israelische Regierung steht


lapidnetanybennettlivniKnapp zwei Monate nach den Wahlen steht die neue Mitte-Rechts-Regierung in Israel. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seine wichtigsten Koalitionspartner, Jair Lapid von der Zukunftspartei und Naftali Bennett von der Siedlerpartei, unterzeichneten einen Koalitionsvertrag. Die frühere Aussenministerin Zipi Livni hatte sich schon früher mit Netanjahu geeinigt.

Vor dem Abschluss der Verhandlungen hatte ein letzter Stolperstein aus dem Weg geräumt werden müssen. Netanjahu bestand darauf, dass Lapid und Bennet auf den weitgehend symbolischen Titel eines stellvertretenden Ministerpräsidenten verzichten. Nach einigem Zögern seien die beiden dazu bereit gewesen. Der Streit um diesen Titel hatte die Einigung am Vortag im letzten Augenblick verzögert.

Das neue Bündnis aus Netanjahus rechtem Block Likud-Beitenu, der ultrarechten Siedlerpartei und den beiden in der politischen Mitte angesiedelten Kräften, der Zukunftspartei Lapids und der Partei Livnis, verfügt über eine Mehrheit von 68 der insgesamt 120 Parlamentssitze.

Nach Angaben eines Parteisprechers unterzeichneten Lapid und die weiteren künftigen Koalitionspartner am Freitag den in sechs Wochen mühsam ausgehandelten Koalitionsvertrag. Der ehemalige Fernsehjournalist und Buchautor war mit seiner Partei bei der Wahl im Jänner überraschend zur zweitstärksten Kraft hinter dem Bündnis Likud-Beiteinu von Ministerpräsident Netanjahu geworden.

Lapid hatte sich im Wahlkampf insbesondere für eine Entlastung der Mittelschicht und die Einbeziehung Ultraorthodoxer in die gesellschaftlichen Lasten wie den Wehrdienst starkgemacht. Um das Haushaltsdefizit unter Kontrolle zu bringen, könnte er zu deutlichen Einsparungen und Steuererhöhungen gezwungen sein.

Während der Koalitionsverhandlungen hatte Lapid zuerst das Aussenministerium angestrebt. Das soll aber für den derzeit unter Anklage stehenden Rechtspolitiker Avigdor Lieberman reserviert bleiben, der den Posten auch in der vergangenen Wahlperiode innehatte. Der Vorsitzende der ultrarechten Habeit hajehudi, Bennett, schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter und im Sozialen Netzwerk Facebook über die Koalitionsvereinbarung: „Mit Gottes Hilfe haben wir unterschrieben. Die 33. israelische Regierung ist auf gutem Weg.“

Nicht jedem ist jedoch so ganz wohl angesichts der absehbaren neuen Mannschaft. Die rechten Kräfte hätten stark an Einfluss gewonnen und könnten Israel durch den forcierten Ausbau der Siedlungen weiter in die internationale Isolation treiben, warnte die linksliberale „Haaretz“. Angesichts der Beteiligung der ultrarechten Siedlerpartei, die am liebsten grosse Teile des Westjordanlandes annektieren würde, seien auch die Aussichten für den Friedensprozess mit den Palästinensern alles andere als glänzend.

Die israelische Medien hatten zuvor noch berichtet, dass Vertreter von Likud-Beitenu, Jesch Atid und Habeit hajehudi in der Nacht auf Freitag letzte Differenzen ausgeräumt hätten. Demnach verzichteten Bennett und Lapid auf ihre Forderung nach dem Posten des Vizeregierungschefs. Dieser Anspruch galt zuletzt als grösstes Hindernis bei der Einigung auf eine Koalition.

Das Bildungsministerium soll an Jesch Atid gehen. Habeit hajehudi soll die Ministerien für Handel und Industrie sowie für Wohnungsbau übernehmen. Da Letzteres auch für den Bau in den jüdischen Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten zuständig ist, scheinen damit weitere Spannungen mit den Palästinensern programmiert. Netanjahus Likud soll die Ministerien für Verteidigung und Inneres behalten und zudem das Aussenministerium führen, bis der Ausgang des Prozesses gegen Ex-Aussenminister Lieberman klar ist.

Netanjahu betonte, diese Legislaturperiode werde seine bisher schwerste werden. Die neuen Partner haben sich unter anderem vorgenommen, die Wehrpflicht auf die Ultraorthodoxen auszudehnen, Reformen im Bildungswesen sowie des Wahlrechts anzugehen, den Haushalt zu sanieren und für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen.

Die Friedensgespräche mit den Palästinensern sollen möglichst wieder aufgenommen werden. Allerdings gibt es jetzt bereits grossen Widerstand gegen die dafür notwendigen Zugeständnisse. Für den Friedensprozess mit den Palästinensern soll Ex- Aussenministerin Tzipi Livni zuständig sein. Sie hat jedoch mit sechs Parlamentssitzen nur wenig Gewicht. Im Koalitionsvertrag ist das Ziel der Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwar festgehalten. Aber dass es Livni gelingen könnte, gegen den Widerstand im rechten Block Likud- Beitenu und der noch rechteren Siedlerpartei die notwendigen israelischen Zugeständnisse durchzuboxen, ist aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich.



Kategorien:Politik

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