Für den ehemaligen Abwehrchef des israelischen Militärs Amos Yadlin hat Teheran die nuklearen «rote Linien» bereits passiert. Muss die israelische Öffentlichkeit sich auf eine baldige Eskalation des Verhältnisses zu Iran vorbereiten? Amos Yadlin (im Bild), Generalmajor d.R. und ehemaliger Chef der militärischen Abwehr des jüdischen Staates schlug am Dienstag einen Ton an, der kaum eine andere Interpretation zuliess.Kaum hatte der amerikanische Verteidigungsminister Chuck Hagel kurz vor dem Ende seines Israelbesuchs seine Gastgeber mit einem militärischen Sonderpaket im Wert von rund 10 Milliarden Dollar sichtlich erfreut, meinte Yadlin, Israel bewege sich in Bezug auf Iran auf einen «Kollisionskurs bis Jahresende» zu. Vor dem heute von ihm geleiteten Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) der Tel Aviv Universität spekulierte Amos Yadlin, die Iraner würden bis zum Sommer gewiss die «rote Linie» passiert haben, von der Premierminister Netanyahu im vergangenen September vor der Uno-Vollversammlung gewarnt hatte.
Der ehemalige militärische Abwehrchef gab sich bei dieser Gelegenheit zuversichtlich, dass Israel im Stande sein würde, die iranischen Atominstallationen ohne fremde (will heissen amerikanische) Hilfe zu attackieren, und dass Israel auch die Auswirkungen einer solchen Aktion abfangen könne. In Yadlins Konzept spielen die im Juni stattfindenden iranischen Präsidentschaftswahlen offensichtlich eine Schlüsselrolle, misst er diesen Wahlen doch die Rolle eines «Wendepunktes» für die Islamische Republik bei. Innerhalb nur zweier Monate sei Teheran laut Yadlin in der Lage, einen «Durchbruch» in seiner Atomrüstung zu erzielen. Wörtlich meinte der Reserveoffizier: «Wir können noch etwa während zwei Monate bis zu den iranischen Wahlen ruhig schlafen, doch dann werden die Iraner eine schwierige Entscheidung zu treffen haben.» Yadlin deutete auch an, dass die Amerikaner möglicherweise von ihrer Präferenz für eine diplomatische Lösung abrücken müssten, sollten die Iraner ihr Nuklearprogramm vorantreiben, doch werde Israel höchst wahrscheinlich als erster Staat zu einer Entscheidung gelangen müssen. Teheran expandiere sein Atomprogramm stetig, ohne dass irgendjemand es mit Erfolg stoppen könne. Laut Yadlin habe Iran bereits so viel Uran angereichert, dass es sechs Atombomben produzieren könne. Im Sommer stehe für die Islamische Republik der Entscheid an, ob sie effektiv eine A-Bombe herstellen wolle.
Ein derartiger Zeitrahmen würde nur einen «kurzen Intervall» für einen Durchbruch offerieren, der ein nukleares Iran verhindern würde, orakelte Amos Yadlin weiter. – Nimmt man die Feststellung israelisch-militärischer Geheimdienstkreise vom Dienstag hinzu, der zufolge die dem Präsidenten Bashar Assad loyalen Truppen gegen die syrischen Rebellen und Zivilisten bereits chemische Waffen wie das Nervengas Sarin eingesetzt haben sollen – eine Erkenntnis, die in dieser absoluten Form von den Amerikanern am Dienstag übrigens angezweifelt worden ist -, kommt man nicht mehr um die Vermutung herum, dass Israel offenbar im Begriff ist, eine konzertierte Aktion der zunächst verbalen militärischen Eskalation vom Stapel zu lassen.
Die kommenden Wochen und Monate werden enthüllen, inwieweit die israelische Einschätzung der Entwicklungen in Iran und Syrien durch Tatsachen bestärkt werden. Israelische Medien veröffentlichten am Mittwoch Äusserungen des US-Botschafters Daniel B. Shapiro in Tel Aviv, die darauf schliessen lassen, dass Washington den Glauben an die diplomatischen Bemühungen noch nicht aufgegeben haben.
Kategorien:Sicherheit
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