König David schrieb einst in seinen Psalmen: „Er ist der Ewige, unser Gott, über die ganze Erde reicht Sein gerechtes walten!“
Thora-Parascha
Schabbat „Wa’Jischlach – Und er schickte“
Lesung: 1. Mose 32,3 – 36,43
Prophetenlesung: : Obadja
Wajischlach-Psalm 140
Gebet um SchutzWer den Wochenabschnitt Wajischlach und Psalm 140 aufmerksam liest, dem dürfte es nicht schwer fallen, den gesuchten Berührungspunkt zu finden. Sowohl in der Tora als auch im Psalm betet ein Mensch, der sich bedroht fühlt und Angst hat, der Ewige möge ihn beschützen.
Auf die Begegnung mit seinem Zwillingsbruder Esaw hat sich unser Stammvater Jakob sorgfältig vorbereitet (siehe Raschi zu Bereschit 32,9). Jakob sprach das folgende Gebet: „Rette mich doch aus der Hand Esaws, denn ich fürchte ihn, dass er nicht komme und mich, die Mutter samt der Kinder erschlage, und du hast doch gesagt: Gutes will ich dir erzeigen, sodass ich deine Nachkommen wie Sand des Meeres werde werden lasse, der vor Menge nicht gezählt werden kann“ (Bereschit 32,12 und 13). Rabbiner S. R. Hirsch erläutert Jakobs Gebet: „Rette mich um meiner Kinder willen, auf die du doch den Bau einer so grossen Zukunft verheissen.“Im Psalm lautet die Bitte um Gottes Schutz: „Befreie mich, Ewiger, von bösen Menschen, vor dem Manne der Gewalt behüte mich. Die Bosheit sinnen im Herzen, den ganzen Tag Streit erregen. Sie schärfen ihre Zunge wie eine Schlange, Skorpionengift ist unter ihren Lippen. Sela. Bewahre mich, Ewiger, vor Frevlers Händen, vor dem Manne der Gewalt behüte mich, die sinnen meine Tritte zu stürzen. Gelegt haben mir Hoffärtige Schlingen und Seile, ein Netz gebreitet neben dem Pfade, haben mir Fallen gestellt.
Sela“ (Verse 2 bis 6). Vers 9 lautet: „Gewähre nicht, Ewiger, die Wünsche des Frevlers, sein Sinnen führe nicht aus, dass sie sich nicht überheben. Sela.“ Bemerkenswert ist, dass der Midrasch (Bereschit Rabba, Parascha 75,9) den Frevler im zitierten Vers als Esaw identifiziert.
Zum Schluss sei erwähnt, dass auch wir Gott jeden Tag (am Anfang des Morgengebets) um Schutz vor frechen und bösen Menschen bitten. (Von: Prof. Dr. Yizhak Ahren)
Sidra wajischlach
Vom Schlaumeier zum Erzvater
Die Tora ist meistens karg was die persönlichen Details ihrer Akteure angeht. Über Ja’akow jedoch – er ist die Ausnahme – wissen wir recht viel. Wir lernen ihn schon vor seiner Geburt kennen. Wir vernehmen wie sich Riwka, seine Mutter, mit den zwei in ihrem Bauch herumtobenden Föten plagt. Wir lesen, wie er bei der Geburt den Fersen seines Bruders festgehalten hat. Auch lernen wir ihn als Stubenhocker kennen, der lieber bei seiner Mutter im Zelt verbleibt, als zu jagen oder Vieh zu hüten. Wir lesen im Familiendrama darüber, wie er seinem Bruder Essaw das Erstgeburtsrecht für eine Portion Linsensuppe abluchst, zusammen mit der Mutter seinen blinden Vater betrügt und den für Essaw bestimmten (in damaligen Zeiten sehr wichtigen) Segen erobert. Auf der Flucht vor Essaw, der ihn töten will, auf dem Weg nach Charan, erscheint ihm Gott. In Charan arbeitet Ja‘akow dann 14 Jahre für seinen Onkel und Schwiegervater Lawan. Von seinen zwei Frauen Lea und Rachel und deren Mägde bekommt er insgesamt 11 Söhne und eine Tochter. Viele Jahre später, als Ja’akow selbständiger Viehzüchter ist, weiss er auf schlaue Art und Weise seine eigene Herde auf Kosten derer seines Schwiegervaters zu vermehren. Der Schwindel fliegt auf und er verschwindet, nachdem er 20 Jahre in Charan gelebt hat, wie ein Dieb in der Nacht. Mit Frauen, Kindern, Hab und Gut kehrt Ja’akow nach Kena’an zurück. Während der Rückreise erinnert sich Ja’akow dann aber plötzlich der Wut und Rachesucht seines betrogenen Bruders. Von Angst getrieben, schickt Ja’akow Essaw die grössten und schönsten Geschenke, teilt seinen ganzen Besitz auf, schickt seine Sippschaft den Jabok Fluss hinauf und gebietet der einen Familiengruppe nach Westen und der anderen nach Osten weiter zu ziehen. Falls Essaw ihn angreift, sei wenigstens die Hälfte seines Besitzes gesichert. Ja’akow bleibt alleine zurück. Während er in der Nacht Ausschau nach Essaw hält, erscheint eine undefinierte Gestalt und kämpft mit ihm. Sie sind sich ebenbürtig und der Kampf bringt keinen Sieger hervor. Bei Tagesanbruch teilt die Gestalt ihm mit, er heisse fortan nicht mehr Ja‘akow, sondern Israel [1]. Mit einem neuen Namen und schlimm zugerichtet steht er am nächsten Tag wie neugeboren da. Dieser Israel, dieser neue Mensch lügt und betrügt nicht mehr. Ist dies der Begegnung und dem Kampf mit der mysteriösen Gestalt zuzuschreiben? Oder stellt die Geschichte Ja’akows einfach einen normalen Lebenslauf eines heranwachsenden Menschen dar? In jungem Alter steht das Experimentieren mit sich selber, das Erproben von Beziehungen und das Verrücken von Grenzen, vielleicht auf einer höheren Stufe als moralische Werte. Die Verlustposten stapeln sich dann aber auf und oft ist es eine Begebenheit, eine bestimmte Erfahrung oder Konfrontation, welche einen sogenannten ‚nächtlichen Kampf‘ mit einer ‚undefinierten Gestalt‘ auslöst und uns – wenn wahrscheinlich auch nicht über Nacht – als neugeborener Mensch ins Leben setzt. Die Figuren in unserer Tora sind keine Heilige. Sie tun Falsches, Gutes, Grosses, Wichtiges und Unwichtiges. Sie stümpern, ringen und wachsen. Eines können wir von der Geschichte Ja’akows noch lernen: Wer mit Gott und Mensch gestritten hat, ist geprägt. Die ‚Nach-Streit-Periode‘ jedoch, kann zum Segen werden.
Schabat Schalom,
Rabbiner Reuven Bar Ephraim, JLG Zürich
[1] Bereschit [1.BM] 32, 28.
Paraschat Haschawua: wajischlach.1.j.pdf, wajischlach.haftara.1.j.n.pdf
Kategorien:Gesellschaft
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