EU-Politiker: Siedlungsboykott und Befürchtung religiöser Unruhen


EU-Abgeordneten halten wirtschaftliche Beziehungen zu Städten wie Ma'aleh Adumim für illegal und führende Palästinenser haben gefordert, allen Nicht-Muslimen den Zugang zum Tempelberg zu verbieten. Foto: Goldberg | CC-BY 2.0

Während EU-Abgeordneten wirtschaftliche Beziehungen zu Städten wie Ma’aleh Adumim für illegal halten fordern führende Palästinenser, allen Nicht-Muslimen den Zugang zum Tempelberg zu verbieten.
Foto: Goldberg | CC-BY 2.0

Diplomaten der Europäischen Union fürchten einen wachsenden Konflikt um den Status quo am Tempelberg. Im einem Bericht kritisieren sie sowohl Israelis als auch Palästinenser.

In dem Bericht vom 18. März, der der israelischen Tageszeitung „Ha‘aretz“ vorliegt, heisst es, dass Zwischenfälle an dem sensiblen Ort extreme Reaktionen in der arabischen Welt und ein Scheitern des Friedensprozesses auslösen könnten. Die EU-Vertreter befürchten, der Zugang zum Tempelberg könne mit unterschiedlichen Gebetszeiten für Juden und Muslime geregelt werden, wie dies bei der Höhle der Patriarchen in Hebron bereits der Fall ist.

Der Bericht, den die Nahostabgesandten der EU nach Brüssel geschickt haben, bezichtigt ausserdem die Israelis, Palästinenser im Ostteil Jerusalems zu benachteiligen. Die israelische Politik im Ostteil der Stadt „zementiert Israels unilateralen Anspruch und seine illegale Annexion Ostjerusalems“.

Gleichwohl findet das Papier auch kritische Töne für die Palästinenser. Die Autoren kritisieren die Haltung einiger muslimischer Religionsführer und palästinensischer Politiker, die historische Verbindung zwischen den Juden und dem Tempelberg zu leugnen. Wie die Onlinezeitung „Times of Israel“ berichtet, hatte der ehemalige Vorsitzende Richter des Religionsgerichts der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) kürzlich erklärt, das islamische Recht verbiete es Juden, am Tempelberg zu beten. Das Gelände stehe allein den Muslimen zu. Dies gelte auch für die Klagemauer. Der PA-Minister für Religiöse Angelegenheiten, Mahmud al-Habbasch, sagte laut dem Zeitungsbericht, allen Nicht-Muslimen solle der Zugang zum Tempelberg verboten werden.

In dem Bericht der europäischen Gesandten heisst es, Frieden könne nur erreicht werden, wenn Jerusalem nicht nur die Hauptstadt Israels, sondern auch die Hauptstadt eines künftigen palästinensischen Staates sei. Die Zeitung „Ha‘aretz“ vermutet, dass dies ein taktischer Seitenhieb in Richtung USA ist, dieses Ansinnen zu unterstützen.

Gleichzeitig habe 29 Abgeordnete des EU-Parlamentes wegen der, ihrer Meinung nach, „illegalen Siedlungen“ an die Aussenbeauftragte Catherine Ashton appelliert. Sie solle europäische Firmen von einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den israelischen Städten im Westjordanland abschrecken.

Die Parlamentarier rufen den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) dazu auf, „europäische Firmen von Aktivitäten abzuschrecken, welche die aktuelle Ausweitung israelischer Siedlungen erleichtert, die nach internationalem Recht illegal sind“. Weiter heisst es in dem Schreiben an Ashton vom Dienstag: „Es gibt mehrere Beispiele für die vielen Weisen, in denen europäische Firmen zur Existenz und zur Ausweitung der Siedlungen beitragen. Durch ihre Aktivitäten leisten sie direkte und gegenwärtige Beiträge zu israelischen Verstössen gegen internationales Recht und zum Missbrauch von Menschenrechten, die mit den Siedlungen verbunden sind.“

In ihrem Brief berufen sich die Abgeordneten auf die UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte, die von der EU gebilligt wurden. Diese „machen klar, dass Regierungen eine Verpflichtung haben, dass Firmen, die auf ihrem Gebiet ansässig sind, bei ihren Tätigkeiten im Ausland keinen Beitrag zum Verstoss gegen die Menschenrechten leisten“. Dies gelte etwa für Konfliktregionen.

Die europäischen Politiker heben die Niederlande und Deutschland lobend hervor: „Die niederländische Regierung hat neulich vorbildliche Schritte unternommen, um den Beitrag niederländischer Firmen zu Verstössen gegen Menschenrechte und internationales Recht anzusprechen. Im Juni 2013 hat sich der technische Betrieb ‚Royal Haskoning DHV‘ als Folge von diesbezüglichen Empfehlungen der Regierung aus einem Projekt zur Abwasseraufbereitung im besetzten Ostjerusalem zurückgezogen. In ähnlicher Weise hat die deutsche Regierung 2011 die Deutsche Bahn erfolgreich davon überzeugt, sich nicht am Bau der israelischen Bahnlinie A1 zu beteiligen, deren endgültige Route durch besetztes palästinensisches Gebiet führen wird – ein klarer Verstoss gegen internationales Recht.“

Die 29 Abgeordneten des Europäischen Parlamentes gehören den Parteien der Sozialdemokraten, der Linken, der Grünen und der Liberalen an.

Der vollständige Brief an Ashton in englischer Sprache ist hier zu lesen: www.eccpalestine.org/wp-content/uploads/2014/03/Letter-on-Corporate-Complicity-with-the-Settlements.pdf.

 



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