
Ein Junge legt zwei Tage nach der Schießerei vor dem Jüdischen Museum in Brüssel Blumen nieder.
© Anthony Dehez/AFP/Getty Images
Die Bluttat im Jüdischen Museum in Brüssel hatte möglicherweise einen islamistischen Hintergrund. Im Verdacht steht ein Franzose, der in Syrien in den „Heiligen Krieg“ gezogen war. Ermittler fanden bei ihm Waffen und ein Bekennervideo.
Ein französischer Islamist mit Kriegserfahrung in Syrien ist scheinbar für die Mordtat im Jüdischen Museum von Brüssel verantwortlich. Auf einer bei dem Verdächtigen gefundenen Videokamera sei eine Aufnahme, in der sich ein Mann zu dem Verbrechen im Jüdischen Museum bekenne, sagte der belgische Generalstaatsanwalt Frederic Van Leeuw. Es sei aber noch nicht klar, ob dies der Festgenommene sei. Den französischen Behörden zufolge weigert sich der Mann bisher, mit der Polizei zu reden.
Der Festgenommene stammt nach Angaben aus französischen Ermittlerkreisen aus Roubaix in Nordfrankreich und schloss sich im vergangenen Jahr islamistischen Kämpfern im syrischen Bürgerkrieg an. Der Mann war bereits am Freitag in Marseille wegen des Angriffs auf das Jüdische Museum in der belgischen Hauptstadt vor einer Woche festgenommen worden. Am 24 Mai war der Schütze in das Brüsseler Museum eingedrungen und hatte um sich geschossen. Dabei tötete er ein Touristenpaar aus Israel sowie eine Französin. Ein Mitarbeiter des Museums wurde schwer verletzt und später für „klinisch tot“ erklärt.
Mit einer an seiner Mütze montierten Videokamera hatte der Täter die Bluttat aufgenommen. Eine solche Kamera sowie eine Mütze, die der des Täters beim Anschlag stark ähnelt, soll der Mann bei sich gehabt haben. In dem sichergestellten Video bedauert der Täter – dessen Gesicht nicht zu erkennen ist – dass die Helmkamera, nicht funktioniert habe.
„Beindruckende Munitionsmenge“
Der 29-Jährige war bei seiner Ankunft mit einem Fernbus aus Brüssel der Zollkontrolle aufgefallen. In seinem Gepäck wurden eine Maschinenpistole des Typs Kalaschnikow sowie ein Revolver gefunden. Solche Waffen hatte auch der Täter in Brüssel benutzt. Generalstaatsanwalt Frederic Van Leeuw sagte am Sonntag, die Maschinenpistole sei in die Flagge der Organisation „Islamischer Staat im Irak und in Syrien“ (ISIS) eingehüllt gewesen. Die ISIS gilt als eine der wichtigsten Dschihadisten-Gruppen, die derzeit in Syrien kämpfen. Der Mann habe auch „eine beeindruckende Menge Munition“ bei sich gehabt.
Der 29-Jährige sei vor allem wegen Raubes fünf Mal für insgesamt sieben Jahre im Gefängnis gewesen und habe sich dort radikalisiert, sagte der französische Staatsanwalt François Molins. In der Haft sei er durch seinen religiösen Bekehrungseifer aufgefallen und habe Mitgefangene beim Freigang zum Gebet aufgefordert.
Frankreichs Präsident François Hollande kündigte am Sonntag ein entschiedeneres Vorgehen gegen „Dschihadisten“ an, die selbsternannten Kämpfer im Einsatz für den Islam. „Wir werden sie bekämpfen, wir werden sie bekämpfen, wir werden sie bekämpfen“, versicherte er in Trévières in der Normandie. „Die ganze Regierung ist mobilisiert, um diese Dschihadisten, wie sie genannt werden, aufzuspüren und zu verhindern, dass sie Schaden anrichten können.“
Familie schockiert
Der 29-Jährige hatte 2013 für islamische Dschihadisten in Syrien gekämpft und war seit seiner Rückkehr vom französischen Geheimdienst überwacht worden. Er soll eine kriminelle Vergangenheit haben. Der Verdächtige muss bis Dienstag, bei weiterbestehender Terrorgefahr bis Donnerstag einem Haftrichter vorgeführt werden.
Mitglieder der Familie des jungen Mannes zeigten sich am Sonntag schockiert. Eine Tante sagte im nordfranzösischen Tourcoing vor Journalisten allerdings, die Familie habe seit Mitte der 2000er Jahre kaum noch Kontakt zu ihm gehabt. Ein anderer Angehöriger sagte, er habe „uns keine Probleme machen wollen“.
Die belgische Polizei teilte am Sonntag mit, im Zuge der Ermittlungen zwei Menschen aus der Umgebung der Stadt Kortrijk nahe der französischen Grenze verhört zu haben. Staatsanwalt Frédéric Van Leeuw betonte jedoch, sie seien nicht festgenommen worden. „Wir wollen prüfen, ob diese Personen etwas damit zu tun haben oder nicht.“
Terrorgefahr durch einheimische Islamisten
Die Festnahme des Mannes wirft ein Schlaglicht auf die oft beschworene Terrorgefahr durch einheimische Islamisten, die aus Konfliktzonen wie dem Hindukusch oder Syrien nach Europa heimkehren. Aus Ermittlerkreisen hiess es, er war dem französischen Inlandsgeheimdienst DGSI bekannt. Er wurde nach seiner Festnahme vom Geheimdienst befragt. In den ersten 24 Stunden des Verhörs soll er geschwiegen haben. Der Geheimdienst kann den Verdächtigen bis Donnerstag festhalten, wenn die Beamten Anzeichen für eine unmittelbare terroristische Bedrohung sehen.
Die französische Regierung hatte erst kürzlich einen Aktionsplan gegen die vermehrte Ausreise von Islamisten aus Frankreich nach Syrien vorgelegt. Seit Beginn des Bürgerkriegs dort im Jahr 2011 sollen sich rund 780 Menschen aus Frankreich dem Kampf islamistischer Gruppen in Syrien angeschlossen haben. Aus Belgien sollen rund 200 Islamisten nach Syrien gereist seien.
Internationale Schlagzeilen hatte der Fall Mohammed Merah gemacht. Im März 2012 hatte Merah nach Aufenthalten in Syrien und Afghanistan in Toulouse einen französischen Soldaten marokkanischer Herkunft erschossen. Vier Tage später hatte er im benachbarten Montauban zwei weitere Soldaten nordafrikanischer Abstammung getötet. Am 19. März ermordete er dann vor einer jüdischen Schule drei Kinder und einen Religionslehrer. Wie der Mörder von Brüssel filmte Merah seine Taten mit einer Kleinkamera. Er starb am 22. März 2012 im Schusswechsel, als Spezialkräfte der Polizei seine Wohnung stürmten.
(JNS und Agenturen)
Kategorien:Sicherheit
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