Steinquader der Kotel von schlechter Qualität


Die Klagemauer ist ein Überbleibsel des zerstörten zweiten Jerusalemer Tempels. Die Erosion der riesigen Steinquader variiert.

Die Klagemauer ist ein Überbleibsel des zerstörten zweiten Jerusalemer Tempels. Die Erosion der riesigen Steinquader variiert.

Niemand ist unfehlbar – nicht einmal Herodes der Grosse. Forscher fanden heraus, dass die Qualität der für den Tempelausbau verwendeten Steine sehr unterschiedlich ist – Den Baumeistern dürfte dies bewusst gewesen sein.

Sie ist die wichtigste religiöse Stätte des Judentums: ha-kotel ha-ma’arawi, die Klagemauer in der Altstadt Jerusalems. Dabei handelt es sich um die imposanten Überreste der einstigen Westmauer der Anlage des zweiten Jerusalemer Tempels, den die Römer im Jahre 70 n. u. Z. zerstörten.

Die Errichtung des zweiten Tempels wird auf etwa 515 v. u. Z. datiert. Der umfangreiche und prachtvolle Ausbau ab 21 v. u. Z., im Zuge dessen auch die heutige Klagemauer errichtet wurde, wird Herodes dem Grossen zugeschrieben. Die Umgestaltung zu einer Tempelanlage im griechischen Stil dürfte jedoch nicht mehr zu seinen Lebzeiten vollendet worden sein: Archäologische Funde unter dem südlichen Teil der Mauer lassen darauf schliessen, dass sie erst Jahrzehnte nach seinem Tod fertiggestellt wurde.

Wie israelische Forscher aktuell im Fachmagazin „Geology“ berichten, dürften die damaligen Baumeister ihren Auftrag jedoch nicht immer ganz gewissenhaft erfüllt haben: Offenbar lieferten sie beim Ausbau des Tempels immer wieder Steinquader von schlechter Qualität. Die Folgen sind gut sichtbar: Viele der mehrere Kubikmeter grossen Steinquader der Klagemauer zeigen starke Witterungsschäden, während andere ihre 2.000-jährige Geschichte unversehrt überstanden.

Wie die Tageszeitung „Haaretz“ am Montag berichtete, rief dies das Interesse des Geowissenschaftlers Simon Emmanuel von der Hebräischen Universität in Jerusalem hervor. Gemeinsam mit seinem Kollegen Jael Levinson stellte er mit Laserscannern ein dreidimensionales Computermodell der Mauer her. Sie identifizierten die Quader mit den stärksten Oberflächenverlusten, verglichen ihre Struktur mit der von nahezu unbeschädigten Steinen und kamen zu dem Schluss, dass die Steine unterschiedlich grosse Kalkkristalle aufwiesen.

Die Steine für Herodes' Grossprojekt stammten laut den Wissenschaftlern zwar aus Jerusalems direkten Umland, allerdings von verschiedenen Steinbrüchen. Erst vor zwei Jahren wurde nördlich der Stadt ein grosser Steinbruch entdeckt, der offensichtlich für den Bau von Tempel und Klagemauer genutzt wurde. Da er höher liegt als die Altstadt war es leichter, die tonnenschweren Quader zur Baustelle zu schaffen.

Erst vor zwei Jahren wurde nördlich der Stadt ein grosser Steinbruch entdeckt, der für den Bau den Ausbau des Tempels genutzt worden sein dürfte. Da er höher liegt als die Altstadt, war der Transport zur Baustelle leichter – die Qualität der Steine jedoch schlechter. Die Forscher vermuten, dass den Baumeistern dieser Unterschied durchaus bewusst war. „Indem sie die schlechteren Steine immer wieder zwischen den hochwertigeren, aber mühsamer beschaffbaren Quader platzierten, haben sie ihren Auftraggeber Herodes offenbar übers Ohr gehauen“, so Emmanuel.
Statisch gefährdet sei die Klagemauer in absehbarer Zeit jedoch nicht. Noch seien die Steine so massiv, dass die Erosion unproblematisch sei. Auf lange Sicht sei aber die künstliche Erhaltung der stärker erodierten Quader angezeigt. Das ist wichtig, weil der für die Klagemauer zuständige Rabbiner Schmuel Rabinowitsch eine Schutzschicht über den Quadern aus religiösen Gründen ablehnt.

(JNS und Agenturen)



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