Thorazitat des Tages – Parascha


ThoraRabbi Nachman sagte: „Es ist ein grosses Gebot, immer glücklich zu sein!!!“

Thora-Parascha

Sidra: „Re’eh“
Lesungen: 5. Mose 11,26 – 16,17
Haftara: Jesaja 54,11 – 55,5

Re’e – Psalm 97
Freude der Gottesdiener

Sowohl in Re’e als auch im Psalm 97 wird eine bestimmte seelische Verfassung angesprochen: Man soll sich freuen, und zwar vor Gott. Aus diesen Passagen ergibt sich, dass die Freude (hebr.: Simcha) im jüdisch-religiösen Leben eine wichtige Rolle spielt.
 
Im Zusammenhang mit Vorschriften zur Darbringung diverser Opfer im Heiligtum heisst es: „Und freuet euch vor dem Ewigen, eurem Gott, ihr und eure Söhne und eure Töchter und eure Knechte und eure Mägde und der Levi, der in euren Toren; denn er hat keinen Anteil und keinen Besitz unter euch“ (Dewarim 12, 12. Siehe auch Dewarim 12, 7; Dewarim 12, 18 und Dewarim 14, 26). Im Abschnitt über das Wochenfest lesen wir: „Und freue dich vor dem Ewigen, deinem Gotte, du und dein Sohn und deine Tochter und dein Knecht und deine Magd und der Levi, der in deinen Toren, und der Fremdling und die Waise und die Witwe, die in deiner Mitte, an dem Orte, den erwählen wird der Ewige, dein Gott, daselbst seinen Namen thronen zu lassen“ (Dewarim 16, 11; siehe auch Dewarim 16, 14 und 15).  Simcha ist also an den Wallfahrtsfesten geboten.
 
Psalm 97 spricht vom Königreich Gottes, das kommen wird: „Hat Gott seine Herrschaft angetreten,  dann jubelt die Erde, frohlocken die vielen Eilande“ (Vers 1). Die allgemeine Anerkennung von Gottes Königtum ist eine frohe Botschaft für die jüdischen Gottesdiener: „Es hört und freut sich Zion, und es jubeln die Töchter Jehudas, wegen deiner Gerichte, Ewiger“ (Vers 8). In der tristen Gegenwart gilt: „Licht ist ausgesät dem Gerechten und den Herzensgeraden Freude. Freuet euch, Gerechte, in dem Ewigen und danket seinem heiligen Namen“ (Verse 11 und  12. Vgl. Psalm 32, 11).  
 
Unser Gottesdienst (im weiteren Sinne) sollte mit Simcha ausgeführt werden.  Psalm 100, 2 lautet: „Dient dem Ewigen mit Freude, erscheint vor ihm mit Jubelgesang“.  Das Fehlen der Simcha gilt als eine schwere Sünde: „Und sie sollen sein an dir zum Zeichen und Beweise, und an deinem Samen bis in die Ewigkeit. Dafür dass du nicht gedient hast dem Ewigen, deinem Gotte, mit Freude und Herzenslust bei Überfluss an allem“ (Dewarim 28, 46 und 47). (Von: Prof. Dr. Yizhak Ahren )

 Sidra ree

Sorry

Mosche bereitet die Kinder Israel auf die Landnahme vor. Er erzählt dem Volk die Geschichte des Auszuges aus Ägypten und gibt ihm Mizwot, Verhaltensregeln für das Leben im Lande, das sie in Besitz nehmen werden. Als Leiter und Lehrer weiss er wie kein anderer, dass predigen allein nicht zur Verinnerlichung der Botschaft führt. Dafür braucht es ein Erlebnis, eine emotionale Erfahrung. Um das Volk den Unterschied zwischen Gut und Böse, zwischen Segen und Fluch spüren zu lassen, ordnet Mosche die Kinder Israels an, sich nach der Überquerung des Jordan Flusses auf die Berge ‚Grisim‘ und ‚Ewal‘ zu verteilen. Diejenigen, die auf dem Grisim stehen, sollen den Segen aussprechen, diejenigen auf dem Ewal, den Fluch (Dewarim [5.BM] 11, 26-32). Rabbiner S. R. Hirsch meint, Mosche habe diese zwei Berge gezielt gewählt: „Ist Grisim ein mit terrassenförmig angelegten Gärten bedeckter, fruchtbarer Berg, der Ewal auf der Nordseite, ist steil und nackt und wüst…“. Die Worte des Fluches oder des Segens, kombiniert mit der lieblichen oder öden Landschaftserfahrung, sollen die Israeliten überzeugen, das Gute zu wählen.

Das Leben ist, auch wenn wir instinktiv und mit Vernunft das Gute wählen, nicht immer und nicht nur ein Segen. Das Böse kommt ungefragt und in verschiedenen Erscheinungsformen auf uns zu. Es zeigt sich zum Beispiel im Unfall, in der Krankheit, Arbeitslosigkeit, Einsamkeit und Feindseligkeit. Wir leiden an einem Burnout oder an Krebs, wir stürzen von der Leiter und brechen das Handgelenk, wir werden ‚mir nichts dir nichts‘ entlassen, unser Partner oder unsere Partnerin läuft uns davon, wir werden attackiert oder gemobbt. Warum passiert uns das Böse, obwohl wir doch aus ganzem Herzen den Segen wählen? Auf der einen Seite gibt es keine Erklärung, geschweige denn Schuld, für das Böse in unserem Leben. Krankheiten und der Tod gehören zum Leben, Unfälle sind Zufall oder passieren in einer hundertstel Sekunde von Unachtsamkeit, das Geschäft fordert manchmal drastische Massnahmen und Schurken, denen es an Empathie mangelt, gibt es eben leider. Auf der andern Seite passieren uns Sachen, an denen wir selber einen (wenn auch noch so kleinen) Anteil haben. Diesen zu suchen verlangt Mut.

In der heutigen Kampfrunde zwischen Israel und Chamas regnet es ausser Raketen und Bomben vor allem Beschuldigungen Hin und Her. In den Niederlanden läuft eine Theateraufführung von einem syrischen und einem niederländischen jüdischen Schauspieler. Die erste Szene „George & Eran lösen den Weltfrieden“, fängt so an: Die Beiden kommen jeder von einer anderen Seite auf die Bühne, stellen sich einander gegenüber, fassen sich bei den Händen und sagen gleichzeitig „sorry“. Sie zeigen uns keinen Übermächtigen und keinen Underdog. Sie zeigen uns, dass beide Lager, obwohl intentional auf das Gute gerichtet, buchstäblich über Leichen gegangen sind. Sie zeigen uns mit der Hände-Fassen-Geste, dass sie einander sehen. „Sorry“ sagen öffnet eine neue Welt. Die gegenseitigen Verletzungen aus der Vergangenheit sind alles andere als weg, sie bilden aber keine Barriere mehr, für das zustande bringen eines Heilungs- und Friedensprozesses. Hätten die Israelis und die Palästinenser nur den Mut, ihren eigenen Anteil in diesem zerstörerischen Konflikt zu erkennen, dem Andern in die Augen zu schauen, seine Hände zu fassen und „sorry“ zu sagen. Es könnte wahrlich die letzte Runde sein, sowie Arik Einstein sl. nach dem Jom Kipur Krieg (1973) gesungen hat: „Ich verspreche dir mein kleines Mädchen, dass dieser Krieg der letzte war.“  

Der Monat Elul, ab nächstem Mittwoch, ist der Auftakt zu den Hohen Feiertagen. Wir werden aufgefordert, in den Spiegel unserer Taten und Emotionen zu schauen, unseren Lebensstil gründlich zu überprüfen, unseren Beitrag an das Gute zu inspizieren und uns zu einer ehrlichen Rechenschaft zu ziehen, woher das Böse in unserem Leben kommt, wen wir dafür beschuldigen, was wir selber damit zu tun haben und wie wir es kentern, das heisst, zum Guten wenden können. Es braucht sicher Mut …
 
Schabat Schalom,
Rabbiner Reuven Bar Ephraim, JLG Zürich

Paraschat Haschawua: ree.1.j.pdf, ree.haftara.pdf



Kategorien:Gesellschaft

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