Thorazitat des Tages – Thora-Parascha


Thora„Die Gnaden des Ewigen will ich ewig singen, in dem ich Deine Treue in alle Geschlechter mit meinem Munde kund mache.“ (Psalm 89, Vers 2)

Thora-Parascha

Schabbat „Noach“
Lesung: 1. Mose 6,9 – 11,32
Prophetenlesung: Jesaja 66, 1- 24

Noach-Psalm 29
Was lehrt uns die Sintflut?

 
Im Wochenabschnitt „Noach“ lesen wir  über eine grosse Flut (hebr.: Mabul),die nur wenige  überlebt haben:  „Es erstarrte alles  Fleisch, was auf Erden auftritt, an Vogel und Vieh und Waldtier und an allem auf der Erde kriechenden Gewürm; und alle Menschen. Alle, deren Antlitz der Hauch des Lebensgeistes war, von allem was sich auf dem Trockenen befindet, starben. Und es löste alles Selbständige auf, das  auf der Fläche des Erdbodens war, vom Menschen bis Vieh, Gewürm und Vogel des Himmels; sie wurden von der Erde weggelöscht, und nur Noach und was bei ihm in der Arche war blieb übrig“ (Bereschit 7, 21-23). Das hebräische Wort „Mabul“ kommt in diesem Wochenabschnitt ein Dutzend Mal vor; sonst findet sich dieses Hauptwort in der Bibel nur noch in Psalm 29: „Der Ewige thronte über der Sintflut, der Ewige wird als König für immer thronen“ (Vers 10). Diese Erwähnung der Flut war für die Zuordnung von  Psalm 29  zum  Wochenabschnitt Noach ausschlaggebend.
 
Es mag stimmen, dass der deutsche Begriff Sintflut etymologisch nicht mit Sünde in Verbindung gebracht  werden sollte (siehe tenachon, S. 38). Aber zweifellos war der Mabul nach dem Bericht der Tora eine göttliche Strafe: „Und die Erde war verdorben vor Gott, und die Erde war voll Gewalt“ (Bereschit 6, 11). Nach Raschi bezieht sich „verdorben“ auf Unzucht und Götzendienst und „Gewalttat“ auf Raub. Bemerkenswert ist ein Kommentar zu Gottes Ankündigung: „Das Ende  alles Fleisches ist vor mich gekommen, denn die Erde ist voll von Gewalttat durch sie, und so bin ich im Begriff, sie mit der Erde zu verderben“ (Bereschit  6, 13). Raschi kommentiert: „Das Urteil über sie wurde erst durch Gewalttaten besiegelt.“ Man kann den Schluss ziehen, dass Götzendienst und verbotene sexuelle Beziehungen das Urteil nicht besiegelt haben.
 
Die Mabul-Episode ist lehrreich. Sie beweist, dass der Schöpfer seine Welt nicht sich selbst überlässt. Als ein bestimmtes Mass des Unrechts überschritten war, hat der Ewige in die Geschichte eingegriffen und dem schändlichen Treiben ein Ende bereitet. Durch den Untergang der Übeltäter wurde Gottes Königtum sichtbar gemacht. (Von: Prof. Dr. Yizhak Ahren)

Sidra Noach

likrat_schabbatGerechtigkeit fordert Taten

„Noach war ein gerechter Mann und vollkommen unter seinen Zeitgenossen“[1]

Im Talmud [2] wird über die Bedeutung der Worte „unter seinen Zeitgenossen“ diskutiert. Rabbi Jochanan meint, Noach könne nur zu seiner Zeit – im Vergleich zu seinen Zeitgenossen – ein „gerechter Mann und vollkommen“ gewesen sein. In einer Zeit in der es ausser schlechte auch rechtfertige Menschen gegeben hätte, wäre Noach laut Rabbi Jochanan nicht gerecht und vollkommen gewesen. Resch Lakisch, der Schwager und ständiger Opponent von Rabbi Jochanan meint hingegen, Noach sei gemäss absolutem Massstab gerecht und vollkommen gewesen. Denn wer in einer Zeit in der Verdorbenheit gang und gäbe, gerecht und vollkommen ist, würde seinen Zeitgenossen in jeder Zeit, so Resch Lakisch, moralisch überlegen sein.

Dass es diese Diskussion überhaupt gibt, ist umso interessanter, da wir von Noach selbst wenig hören, um genau zu sein, nach der Flut [3] nur zwei Sätze. Er gehorcht Gott ohne je etwas zu erwidern, baut die Arche (die laut dem Toratext einem riesigen treibenden Container gleicht), sammelt Tiere und Familie und bringt sie in der Arche unter. Als sich das Wasser zurückgezogen hat und sie wieder auf dem Trockenen standen, pflanzt Noach einen Weingarten. Nein, er ist weder Philosoph noch quasi ein Toragelehrter. Noach ist Erbauer und Bauer. Mit seinen blossen Händen und physischer Kraft, baut er die Brücke zwischen der ersten und der zweiten Schöpfung.

Die jüdische Tradition lässt, oberflächlich gesehen, das Lernen, Denken und Diskutieren der Handarbeit prävalieren. Noach und die ersten ‚Kibuznikim‘ in Israel sind jedoch Beispiele dafür, dass es in bestimmten Zeiten und Situationen nur darauf ankommt, das richtige zu tun. Sie wissen ja schon, ich liebe das Judentun…..

Jedes Mal wenn wir am Ende des Gemeinde-Gebets alenu leschabeach singen, beten wir für Tikun Olam,  das in Ordnung bringen der Welt, ein Leitbild für liberale Gemeinden. Lass uns aber nicht nur darüber singen und beten! Lass uns diese höchste aller Moralitäten in Taten umsetzen. Lass uns in unserer Gemeinde eine Arbeitsgruppe Tikun Olam errichten. Lass uns tatsächlich einen – wenn auch nur bescheidenen – Beitrag an „die Welt in Ordnung bringen“ liefern. In der Midraschliteratur [4] finden wir eine Wendung die Noach bestimmt unterschreiben würde: „lo hamidrasch ha’ikar ela hama’asse“. „Nicht die Theorie ist Hauptsache, sondern die Tat!“

Schabat Schalom,
Rabbiner Reuven Bar Ephraim,   JLG Zürich

[1] Bereschit [1.BM] 6,9
[2] Babylonischer Talmud Sanhedrin 108a
[3] Bereschit [1. BM] 9,25-26
[4] Bemidbar Raba 14



Kategorien:Gesellschaft

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