Im 2. Buch Moses (Kapitel 17, Satz 12) steht: „…so hielten seine Hände treu aus…“ Weshalb hielten seine Hände treu aus? Da er an Gott glaubt und deshalb glaubt er ebenso, das Er ihn hören kann: Demnach entspricht das Gebet, dem Glauben an Gott.
Thora-Parascha
„WaJeshew – Und er liess sich nieder“
Wochenabschnitt: 1. Mose 37,1 bis 40,23
Haftara-Prophetenlesung: Amos 2,6-3,8
Wajeschew-Psalm 112
Kennzeichen der GottesfürchtigenPsalm 112, der sowohl dem Wochenabschnitt Wajeschew als auch dem Wochenabschnitt Behar zugeordnet worden ist, beschreibt das Leben eines gottesfürchtigen, pflichtgetreuen Menschen. Schon der erste Vers hebt einen charakteristischen Zug hervor: „Selig der Mann, der den Ewigen fürchtet, sehr Lust hat an seinen Geboten!“ Im Talmud (Avoda Sara 19 a) steht folgende Auslegung: Er hat Freude an der Ausübung der Gebote und nicht an den mit ihnen zu gewinnenden Lohn. Der Talmud merkt an, dass wir dieselbe Lehre auch in einer Mischna finden: „Antigonos aus Sochno pflegte zu sagen: Seid nicht wie Diener, die ihrem Herren dienen, um Lohn zu erhalten, sondern seid wie Diener, die den Herrn bedienen nicht in der Absicht, Lohn zu empfangen“ (Sprüche der Väter 1,3).
Zu den Kennzeichen des Gottesfürchtigen gehört das Gottvertrauen: „Vor böser Nachricht fürchtet er nicht, fest ist sein Herz, vertrauensvoll in Gott. Gestützt fühlt sich sein Herz, er fürchtet nicht, sodass er ruhig auf seine Feinde schaut“ (Verse 7 und 8). Rabbiner Hirsch kommentiert: „Diese Gemütsruhe kennt nur ein gottesfürchtiger, gegen Gott und Menschen pflichtgetreuer Mensch.“
Ein Musterbeispiel gelebter Gottesfurcht finden wir im Wochenabschnitt Wajeschew. Josef, den unsere Weisen als einen Zaddik (Gerechten) bezeichnen (siehe z. B. Joma 35 b), liess sich von Potifars Frau nicht zur Sünde verleiten: „ So war es, nach diesen Vorgängen, da hob die Frau seines Herren ihre Augen zu Josef auf und sprach: Lege dich zu mir! Er weigerte sich und sprach zu der Frau seines Herren: Siehe, mein Herr weiss neben mir um nichts, was im Hause vorgeht, und alles, was ihm ist, hat er in meine Hand gegeben; in diesem Hause ist niemand grösser als ich; nicht das Geringste hat er mir vorenthalten ausser dich, insofern du seine Frau bist: Wie soll ich nun eine so grosse Schlechtigkeit begehen, und mich gegen Gott versündigen“ (Bereschit 39,7 – 9). Wie Raschi erklärt, war Ehebruch schon den Nachkommen Noachs verboten worden (siehe auch Nachmanides zu dieser Stelle). (Von: Prof. Dr. Yizhak Ahren)
Sidra wajeschew
Meine Brüder suche ich – מְבַקֵּשׁ אֶת־אַחַי אָנֹכִי[1]
Die Kinder in Ja’akow‘s Familie sind sich nicht sehr nahe. Nun kommt das in den besten Familien vor. In Ja’akow’s Fall wird uns ein klarer Grund dafür gegeben: Er liebt Jossef, den älteste Sohn seiner geliebten Rachel, über alles, also über alle anderen Kinder. Das einzige Vater-Sohn-Ärgernis über das wir hören, ist als Jossef seinem Vater über seine Träume erzählt, in denen man sich vor ihm, Jossef, verneigt. Jossef bekommt, wie wir lesen, ein schönes Kleid mit vielen prächtigen Farben. Er plaudert dem Ja‘akow Redereien von seinen Brüdern aus, die nicht für die Ohren des Vaters bestimmt waren. Kein Wunder, dass die Brüder ihn beneiden und hassen. Eines Tages schickt Ja’akow Jossef zu den Brüdern, um nachzuschauen, ob alles in Ordnung ist. Auf die Frage eines Vorübergehenden, der ihn herumirren sieht und sich erkundigt, was er denn suche, antwortet Jossef: „Meine Brüder suche ich – אֶת־אַחַי אָנֹכִי מְבַקֵּשׁ – et achai anochi mewakesch“. Diese Worte werden erstaunlicherweise in keinem Kommentar, weder alt, klassisch, noch modern, ausgelegt. Ich ‚höre‘ in Jossef’s Antwort „meine Brüder suche ich“ ein starkes Verlangen, ja geradezu eine Sehnsucht nach seinen Brüdern, nach geschwisterlichem Kontakt. Die Vorliebe seines Vaters und seine eigene Unempfindlichkeit haben ihn auf Kollisionskurs mit seinen Brüdern gesetzt. Jossef hat seine Brüder verloren. Er ist einsam. Jetzt sucht er sie.
Dieser, die Brüder sehnsüchtig suchende Jossef, erinnert mich an die Sehnsucht der liberalen Juden, um von orthodoxen Institutionen anerkannt zu werden. In derer Augen sind wir überheblich, treffen Entscheide, die wir gemäss ihrem Verständnis nicht treffen dürfen. Wir unsererseits fühlen uns aber ‚abgewiesen‘, ja abgeschnitten und suchen (sehnsüchtig) unsere Brüder. Zu oft und vielleicht auch zu begierig versuchen wir unseren jüdischen Weg zu erklären, sogar zu rechtfertigen mit den Worten: „Wir reformieren das Judentum zu einem zeitgemässen Lebensweg“, oder: „Das Judentum hat sich ja immer an Zeit und Ort angepasst“, oder: „Wir sind traditioneller wie die Orthodoxen, die die Halacha im 19. Jahrhundert fixiert haben.“ Allem Anschein nach, versuchen wir vor allem uns selber zu überzeugen.
Klar, liberales Judentum ist eine Wahl, aber keine zweite Wahl. Wir sind das ‚A‘, inmitten aller anderen jüdischen ‚A’-Wege. Mit diesem Bewusstsein können wir unsere orthodoxen Brüder und Schwestern suchen, nicht sehnsüchtig, nicht nach Anerkennung flehend, sondern stolz, selbstbewusst und gleichwertig. Lasst uns den geschwisterlichen Kontakt wiederherstellen und aufbauen. Auch wenn sie für diesen Schritt wahrscheinlich mehr Zeit benötigen.
Schabat Schalom,
Rabbiner Reuven Bar Ephraim, JLG Zürich
[1] Bereschit [1.BM] 37, 16.
Paraschat Haschawua: wajeschev.1.j.n.pdf, wajeschev.haftara.1.j.n.pdf
Kategorien:Gesellschaft
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