Das israelische Parlament stellt entscheidende Weichen: Innerhalb von drei Tagen will die Regierung Netanjahu drei Gesetze mit weitreichenden Folgen verabschieden. Gestern wurde die Hürde für den Einzug ins Parlament von zwei auf 3,25 Prozent angehoben. Heute wurde der umstrittene Wehrdienst der ultraorthodoxen Bibelschüler beschlossen. Am morgigen Donnerstag steht ein Gesetz auf der Tagesordnung, wonach jedes territoriale Zugeständnis an die Palästinenser durch eine Volksabstimmung gebilligt werden muss.
Jedes der drei Gesetze hat engagierte Befürworter und Gegner in Netanjahus Regierungskoalition. Durch die Bündelung der Beratungen hofft der Regierungschef, die Koalitionsdisziplin aufrecht zu erhalten – jede Partei erhält kurzfristig die von ihr gewünschten „Bonbons“, muss dafür aber gleichzeitig „Kröten schlucken“.
Zum Auftakt hat die Regierungstaktik funktioniert. 67 der 120 Parlamentarier stimmten für die Einführung der 3,25-Prozent-Hürde. Konnte man bislang mit zwei Mandaten in die Knesset einziehen, benötigt man künftig mindestens vier. Dies trifft vor allem die drei zerstrittenen arabischen Kleinparteien. Die werden sich künftig zu einer gemeinsamen Liste zusammenschliessen müssen, was ihnen schwerfallen wird. Vorangetrieben wurde diese Reform vom rechtsorientierten Aussenminister Avigdor Lieberman (im Foto rechts). Er verwies darauf, dass die Fünf-Prozent-Hürde vielen westlichen Staaten zu stabilen Verhältnissen verholfen habe. Gegner der Neuregelung argumentierten, es gehe der Regierung vor allem darum, unliebsame Fraktionen zu vernichten. Zu den Kritikern gehören Abgeordnete der liberalen Zukunftspartei von Finanzminister Yair Lapid.
Die bekam für ihre Zustimmung heute die Belohnung: Stufenweise werden künftig auch die ultraorthodoxen Männer zum Militärdienst herangezogen. Lapid hatte eine gerechtere Lastenverteilung innerhalb der israelischen Gesellschaft zu einem zentralen Thema seines Wahlkampfes gemacht. Die Ultraorthodoxen wehren sich mit Massendemonstrationen gegen den drohenden Wegfall ihrer Privilegien. Kritische Stimmen zu der Neuregelung gab es von der nationalreligiösen Partei von Handelsminister Naftalie Bennett. Doch auch hier gab es die Mehrheit von 67 Stimmen.
Die Nationalreligiösen sollen morgen mit dem dritten Gesetz für ihre Zustimmung „entschädigt“ werden. Bennett lehnt es strikt ab, den Palästinensern im Zuge der Friedensgespräche Land abzutreten. Israel wird jedoch von der Weltgemeinschaft, allen voran die USA, unter Druck gesetzt. Das Volksabstimmungs-Gesetz, eigentlich in der Verfassung nicht vorgesehen, bietet Netanjahu und Bennett einen Ausweg: Beide könnten ihr Gesicht wahren, unabhängig vom Ausgang des Referendums. (ih)
Kategorien:Politik
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