Schweiz: Ex-SVP-Politiker mit «Kristallnacht-Twitterer»


Hier das Twitter-Protokoll mit den Tweets von A. M. (blau) und anderen Personen (orange). Der Auszug beginnt am 23. Juni 2012 um 20.55 Uhr (MESZ) ...
Hier das Twitter-Protokoll mit den Tweets von A. M. (blau) und anderen Personen (orange). Der Auszug beginnt am 23. Juni 2012 um 20.55 Uhr (MESZ) …

Schuldspruch für den «Kristallnacht-Twitterer»: Das Bezirksgericht Uster ZH verurteilte den Ex-SVP-Politiker A. M. wegen Rassendiskriminierung zu einer bedingten Geldstrafe. Bereit vor fast genau einem Jahr wurde der SVP-Politiker Mosimann wegen Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm verurteilt.

Der ehemalige SVP-Politiker A. M. musste sich nun wegen mehrfacher Rassendiskriminierung vor dem Bezirksgericht Uster verantworten und ist am Montag wegen des Kristallnacht-Tweets vor Gericht schuldig gesprochen worden. Er erhält aber nur eine sehr geringe und bedingte Geldstrafe von 75 Tagessätzen zu 120 Franken und eine Busse von 1800 Franken.

«Vielleicht brauchen wir wieder eine Kristallnacht … diesmal für Moscheen», so der Twitter-Post des ehemaligen SVP-Politikers A. M. Er sorgte damit im Juni 2012 über die Landesgrenzen hinaus für Schlagzeilen. Laut Staatsanwalt hat A.M. damit nicht nur Muslime herabgewürdigt, sondern auch die Verfolgung der Juden in der Reichskristallnacht von 1938 gerechtfertigt. Er habe zudem zum Ausdruck gebracht, dass es die Kristallnacht schon einmal gebraucht habe, wie die «NZZ am Sonntag» schrieb.

Den Tweet hatte der Lokalpolitiker auf seinem Profil gelöscht. Der Eintrag konnte ihm aber nachgewiesen werden. Kurz darauf musste der Lokalpolitiker aus der SVP austreten. Den Strafbefehl wegen mehrfachem Rassismus wollt er aber offenbar nicht akzeptieren, weshalb es nun zum Prozess kam.

Zuvor hatte A.M. den Rechtsanwalt David Gibor, der als Geschädigten-Vertreter Anzeige gegen A.M. erstattet hatte, wegen Nötigung angezeigt. So soll es während der Einvernahme auf der Zürcher Staatsanwaltschaft zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen sein. A.M. wollte verhindern, dass es zu einem öffentlichen Prozess gegen ihn kommt. Darauf forderte Gibor ihn auf, den Strafbefehl zu akzeptieren. In einem Gerichtsprozess würde er ihn sonst «als Rassisten entlarven». Darauf zeigte A.M. ihn an.

Mittlerweile ist die Untersuchung gegen Gibor eingestellt. Staatsanwalt Hans Maurer sagt zur Einstellung des Verfahrens: «Ein Anwalt darf als Parteivertreter sehr wohl darlegen, warum er einen Strafantrag als erfüllt erachtet.» Auch dürfe ein Geschädigtenvertreter im Rahmen des Prozesses jemanden vereinfacht als Rassisten bezeichnen, wenn dieser wegen Verletzung der Rassendiskriminierungsnorm angeklagt sei.

Auf zwei andere Tweets mit heiklem Inhalt ging das Gericht nicht ein. Aufgrund ihrer Beschaffung griff hier das Verwertungsverbot. Die Polizei hatte im Rahmen der Ermittlungen die Tweet-Listen, die auch die gelöschten Nachrichten enthalten, von zwei Firmen im Ausland beschafft, die Aufzeichnungen solcher Social-Media-Kommunikationen vornehmen. Dies war ohne Rechtshilfegesuch nicht erlaubt.

Das Gericht erachtete das Verschulden des Mannes als «nicht mehr leicht», wie es in der mündlichen Urteilsbegründung ausführte. Es war der Meinung, A. M. habe den Begriff bewusst gewählt, um zu provozieren, so der Richter in seiner Begründung. Ausserdem habe er mit der Aussage auch die Kristallnacht legitimiert.

Für A.M. wurde es bereits vor der Gerichtsverhandlung sehr unangenehm. Denn wegen des Tweets hatte er nicht nur die Mitgliedschaft in der SVP verloren, sondern auch seine Stelle und seinen Schulpflegesitz. Ob der Mann das Urteil des Bezirksgerichts akzeptiert, ist noch offen. Sein Verteidiger erklärte nach der Urteilseröffnung, zuerst müsse die schriftliche Begründung genau geprüft werden.



Kategorien:News

Schlagwörter:, , , , , ,

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..