Unsere Weisen lehrten uns: „Auf dem Weg, den ein Mensch gehen will – wird er geführt!“
Thora-Parascha
Schabbat „Jitro“
Sidra: 2. Mose 18:1 – 20:23
Haftara: Jeschajahu 43:1 – 20
Jitro-Psalm 19
Lob der göttlichen GesetzeDie „Zehn Gebote“, die nach der Zählung von Sefer HaChinuch in Wirklichkeit 14 der 613 Mitzwot (Ge- und Verbote) enthalten, beginnt mit dem Vers: „Und Gotte redete alle diese Worte und sprach“ (Schemot 20, 1). Im Kommentar von Raschi (zu Schemot 24,12) lesen wir: „Alle 613 Mitzwot sind in den Zehn Worten enthalten.“ Mit dieser Bemerkung will Raschi die Tatsache unterstreichen, dass alle Mitzwot von Gott stammen – nicht bloss die im Dekalog erwähnten.
Im Talmud (Berachot 13 a) ist vom „Joch der Gebote“ die Rede. Aber die mit der Erfüllung der göttlichen Gesetze verbundene Mühe wird von gläubigen Juden keineswegs als schwere Last aufgefasst. Im Gegenteil, im Morgengebet sprechen sie: „Glücklich sind wir, wie gut ist unsere Anteil, wie lieblich unser Los, wie schön unser Erbe.“
Psalm 19, der dem Wochenabschnitt Jitro zugeordnet wurde, expliziert die im Gebet erwähnte Schönheit unseres Erbes. Der Psalmist lobt die göttlichen Gesetze wie folgt: „Die Lehre des Ewigen ist untadelig, seelenerquickend, des Ewigen Zeugnis bewährt, macht Toren weise. Die Befehle des Ewigen sind recht, herzerfreuend, des Ewigen Gebot ist lauter, erleuchtet die Augen. Die Furcht des Ewigen ist rein, bestehet ewig, des Ewigen Aussprüche sind wahr, sind gerecht allzumal“ (Verse 8 bis 10). Rabbiner Malbim bemerkt in seinem Kommentar zu diesen Versen, in denen sechs Mal das Tetragrammaton steht, dass hier von sechs Bereichen der Lehre Gottes die Rede ist. Die Laudatio des Psalmisten legt Rabbiner Malbim dahin aus, dass hier in jedem der sechs Bereiche Vorzüge der Tora hervorgehoben werden.
Rabbiner M. Feinstein kritisierte einmal den populären Spruch: „Es ist schwer ein Jude zu sein“. Diese Feststellung ist nämlich unwahr! Der Psalmist zeigt uns eine völlig andere Sichtweise als die der Spruchdummheit; er sagt über die am Berg Sinai verkündeten Gesetze: „Erwünschter noch als Gold und Geschmeide viel und süsser als Honig und feinster Seim“ (Vers 11). (Von: Prof. Dr. Yizhak Ahren)
Sidra Jitro
1. Ich bin der EWIGE.
2. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.
3. Du sollst den Namen des EWIGEN […] nicht missbrauchen.
4. Denke an den Schabbattag und heilige ihn.
5. Ehre deinen Vater und deine Mutter.
6. Du sollst nicht töten.
7. Du sollst nicht untreu sein.
8. Du sollst nicht stehlen.
9. Du sollst nicht falsch zeugengegen deinen Nächsten.
10. Du sollst nicht begehren.
Die Sidra Jitro enthält den bekanntesten Tora Text, die ‚Zehn Worte‘ (auch Weisungen), עשרת הדברת, Asseret Hadibrot (Schemot 20, 1-14). Die ‚Zehn Worte‘ sind weltberühmt und eine weit verbreitete Ansicht ist, dass die westliche Zivilisation auf diese ‚Big Ten‘ gründet. Der Stil des Textes ist durch seine Imperative eindringlich und unmissverständlich. Die ‚Zehn Worte‘ sind wie ein eigenständiges Buch im 2. Buch Mose. ‚Zehn Worte‘, die uns direkt ansprechen, uns regelrecht zusprechen. Gott redet nicht zu Awraham, Jizchak, Mosche oder Micha. Kein Wort über Staatsstruktur, Könige, Richter oder Aufseher. Wir hören keine Propheten, die uns warnen, drohen, Schicksale voraussagen, um uns damit auf den ‚rechten Pfad’ zurückzubringen. Vergeblich sucht man im Text nach Priestern. Es ist ein unmittelbarer Text mit einer gradlinigen Botschaft. Absender: Gott. Empfänger: die Menschheit.
Überspringen wir die ersten drei Weisungen, in denen Gott das Subjekt ist, d.h., es über ihn selber geht, kommen wir zu den ‚Worten‘, die sich mit den Herausforderungen des Menschen als soziales Wesen auseinandersetzen. Diese Weisungen sind eben zeitlos, wie die Existenz der Menschen selber. Wäre es nun so, dass jeder einzelne Mensch und demzufolge jede Gesellschaft sich diese sieben ‚Worte‘ zwingend und in absolutem Sinne auferlegen und sich daran halten würde, bräuchte es tatsächlich keine Propheten, Richter, Aufseher. Eine solche Welt würde durch die Nächstenliebe zusammengehalten werden. Jeder würde das Hab und Gut von jedem respektieren. Die Familie wäre ein harmonisches Mikrosystem, in dem jede und jeder Zugehörige(r) Aufgaben und Pflichten hätte und von jedem Familienmitglied geliebt sein würde. Arbeitszeit und Ruhezeit wechselten einander in einem ruhebringenden Rhythmus ab. Diese Liebe würde sich bis ins Unendliche vermehrfachen und die Menschenwelt wäre ein göttlich inspirierter Ort mit schönen – weil glücklichen – Menschen. „You may say I’m a dreamer, but I’m not the only one…“. Utopie? Wer tief in die Welt schaut, sieht tatsächlich, dass die mit den ‚Zehn Worten‘ beabsichtigte Welt in einem scharfen Kontrast zur Realität steht. Die Absicht der ‚Zehn Worte‘ mit ihrem speziellen Sprachstil im Imperativ ist es, um uns die messianische Zeit vor Augen zu halten. Die ‚Zehn Worte‘ sollen uns dafür sensibilisieren, dass die heutige Welt unbedingt Tikun Olam braucht „to make it a better place“. Die ‚Zehn Worte‘ sollen uns wirklich stimulieren, Tikun Olam zu machen. Wir sollten nicht genügsam sein, uns nicht beschwichtigen mit Gedanken wie: „daran kann ich doch nichts ändern.“ Wir können immer einen persönlichen Beitrag an die messianische Zeit stiften. So sind die ‚Zehn Worte‘ gemeint. Gott appelliert an die 2. Person Einzahl.
Ken jehi razon – Möge es so sein.
Schabbat Schalom,
Rabbiner Ruven Bar Ephraim,, JLG Zürich
Paraschat Haschawua: jitro.2.j.pdf, jitro.haftara.pdf
Kategorien:Gesellschaft
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