«Lean In» zieht weite Kreise


lean-in-by-sheryl-sandberg_originalVor fünf Monaten hat Sheryl Sandberg die Gründung von Selbsthilfe-Gruppen angeregt, mit denen sich Frauen gegenseitig mehr Mut im Berufsleben machen sollen. Jüngst hat die Zahl dieser «Lean In»-Kreise die Marke von 7000 erreicht.

In der vergangenen Woche hat die Selbsthilfe-Organisation «Lean In» eine unbezahlte Praktikanten-Stelle in New York eingerichtet. Die Nachricht hat umgehend einen Sturm der Empörung ausgelöst. Dies ist nicht weiter erstaunlich. Schliesslich ging «Lean In» aus dem Bestseller gleichen Namens von Sheryl Sandberg hervor. In ihrem Buch wettert die Facebook-Geschäftsführerin gegen unbezahlte Praktika, die besonders jungen Frauen die Gründung einer eigenen Existenz erschweren und häufig nicht zu festen Anstellungen führen. Doch «Lean In» reagierte rasch auf den faux pas und verwandelte die Stelle in eine bezahlte Position.

Das Vorkommnis zeigt die Barrieren auf, mit denen Frauen im amerikanischen Berufsleben rechnen müssen. Aber dem enormen Erfolg von Sandbergs Initiative kann diese Episode keinen Abbruch tun: Kaum fünf Monate nach Veröffentlichung des Buches hat die Zahl der «Lean In Circles» die Marke von 7000 erreicht. Und Sandberg selbst ist weiterhin kräftig bei der Basisbewegung engagiert und gründete jüngst einen Tumblr-Blog, auf dem junge Frauen ihre grössten Träume und Hoffnungen für das Berufsleben offenbaren können (ifuwerentafraid.tumblr.com).

Die Gewinne aus dem Buchverkauf gehen derweil an die von Sandberg gegründete Lean In Foundation, welche die Gründung lokaler Selbsthilfe-Gruppen unterstützt. Laut der Stiftung wurde das Buch weltweit bereits eine Million mal verkauft und ist bislang in 11 Sprachen erschienen. Bis Ende kommenden Jahres soll die Publikation in 19 weiteren folgen. Damit scheint eine lange gehegte Hoffnung Sandbergs aufzugehen. Die 43-Jährige wollte schon von Jugend auf eine soziale Bewegung gründen. In ihrem Buch fordert sie Frauen zu mehr Ehrgeiz im Beruf auf. Sie sollen Sandbergs Beispiel folgen und sich «vorlehnen», also ihre anerzogene Zurückhaltung überwinden und im Job auf Männerart selbstbewusst Karrierechancen suchen und eigene Fähigkeiten hervorstreichen.

Damit diese Aufforderung zu mehr Ehrgeiz nicht wirkungslos verhallt, hatte Sandberg die Gründung der «Lean In Circles» angeregt. Ihre Website «leanin.org» bietet Tools für die Bildung kleiner Selbsthilfegruppen an, aus denen mit Hilfe von Facebook ein landesweites Netzwerk entstanden ist. Dieses soll auf längere Sicht mehr Amerikanerinnen zu führenden Position verhelfen. Von ihnen verspricht sich Sandberg dann die Durchsetzung echter Chancengleichheit im Berufsleben und eine gerechtere Lastenverteilung zwischen den Geschlechtern im Familienleben. Offensichtlich hat Sandberg mit «Lean In» einen Nerv getroffen. Dabei kommen Buch und Website nicht von ungefähr. Wie sie im ersten Kapitel von «Lean In» schildert, hat Sandberg in der eigenen Familie erlebt, wie begabte und ehrgeizige Frauen an gesellschaftlichen Hürden scheitern.

So musste ihre Grossmutter Rosalind Einhorn als Tochter einer armen, russisch-jüdischen Immigrantenfamilie ihre Schulausbildung in New York abbrechen, um als Näherin zum Lebensunterhalt beizutragen. Mit Hilfe eines Lehrers besuchte Rosalind später dennoch die Universität Berkeley in Kalifornien und demonstrierte anschliessend beeindruckenden Geschäftssinn. Aber dennoch verzichtete sie nach ihrer Ehe auf berufliche Ambitionen. Auch Sandbergs Mutter studierte zwar und brachte es bis zu einem Doktortitel, gab aber ihre Position als Lehrerin 1965, nachdem sie schwanger geworden war. So blieb es Sandberg selbst überlassen, beruflich Karriere zu machen. Dies ist der Absolventin der Harvard Business School mit Stationen als Stabschefin von Larry Summers im US-Finanzministerium und Spitzenpositionen bei Google und Facebook auch bravourös gelungen. Der Erfolg der «lean in»-Bewegung spricht dafür, dass Sandberg zunehmend Nachahmerinnen finden wird. (AM)



Kategorien:Gesellschaft

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