Thorazitat des Tages – Thora-Parascha


ThoraUnsere Weisen lehrten uns: Nicht das Amt ehrt den Mann, sondern der Mann ehrt das Amt.

Thora-Parascha

Schabbat „Pekudej“
Sidra:
2. Mose 38,21 – 40,38
Haftara: 2. Könige 12, 1-17

Pekudej-Psalm 45
Momente der Weihung

Unser Wochenabschnitt erzählt von der Vollendung der Konstruktion des Heiligtums: „Ganz so wie der Ewige Mosche geboten hatte, also hatten Israels Söhne die ganze zu lösende Aufgabe vollbracht. Mosche sah das ganze Werk und siehe, sie hatten es ausgeführt; wie der Ewige geboten, also hatten sie getan: da segnete sie Mosche“ (Schemot 39, 42 und 43). Raschi erklärt, wie Mosche sie segnete: „Er sprach zu ihnen: Möge es der Wille Gottes sein, dass Seine Glorie auf eurem Händewerk ruhe: ‚Werde uns, Herr unser Gott, das Beglückende: das Tun unserer Hände gründe auf uns, und das Tun unserer Hände stelle Du fest‘  (Psalm 90,17 in der Übersetzung von Rabbiner  Hirsch). Warum Rabbiner Yizhak in seinem Werk „Schire HaLeviim“ Vers 17 unserem Wochenabschnitt zugeordnet hat, versteht man ohne weitere Erklärung.
 
Warum wurde Psalm 45 Pekude zugeordnet? Dieser Psalm wurde zur Hochzeit eines Königs verfasst. Bei einem solchen Anlass kommt eine freudige Stimmung auf, und auch die Vollendung des Heiligtums war ein erhebender Moment. Nur durch eine koordinierte Zusammenarbeit wurde das Heiligtum vollendet; eine Hochzeit markiert den Beginn des Zusammenlebens von Braut und Bräutigam. Mosches Segen haben wir bereits zitiert. Dem König wünscht der Psalmist: „An deiner Väter Stelle mögen deine Söhne treten, mögest du sie setzen zu Fürsten im ganzen Land“ (Vers 17).
 
Der Midrasch (Schemot Rabba, Abschnitt 51,1) bringt einen Vers aus Pekude mit einem Vers aus Psalm 45 in Verbindung „Und sie brachten die Wohnung zu Mosche…“ (Schemot 39, 33).  Der Midrasch erklärt: „In bunten Gewändern wird sie zum König geführt, Jungfrauen hinter ihr, ihre Gespielinnen, dir zugebracht“ (Vers 15). Der Midrasch interpretiert jedes Wort dieses Verses als eine Andeutung auf Mosche und die zu ihm gebrachte Wohnung. Diese aggadische Auslegung entspricht natürlich  nicht dem einfachen Wortsinn des Psalmverses. (Von: Prof. Dr. Yizhak Ahren)

 Sidra Pekudej

Wanderung mit Neu-Ortung
 
Ich möchte niemanden beleidigen, muss aber gestehen, dass ich die Sidrot der letzten Wochen über die Planung und den Bau des Mischkan, des tragbaren Heiligtums, und über die Protokolle der Bauangelegenheiten langweilig finde. Stil, Inhalt und Detailliertheit dieser Berichterstattungen berühren mich weniger. Ein Satz aber hebt sich von den endlos fachmännischen Schilderungen ab: „Und jedes mal wenn sich die Wolke über dem Mischkan erhob, zogen die Israeliten weiter auf ihrer Wanderung [durch die Wüste]“[1].
Das Jüdische Volk kennt viele Wanderungen durch eine ‚Wüste‘. Wanderungen, die uns in alle Ecken der Welt führten. Wir, unsere Eltern, Grosseltern…., die meisten von uns  haben eine ‚Wanderung‘ von irgendwoher nach irgendwohin mitgemacht. Eine ‚Wanderung‘ die uns prägte, ja vielleicht sogar veränderte. Aber nicht nur wir, auch unser Judentum hat seit je her gewandert und sich verwandelt. Auch diese Wanderungen und Wandlungen führten manchmal durch eine ‚Wüste‘. Sie waren nicht immer unumstritten, prägten uns aber auf immer.

Es gab eine Zeit in der das Gott Opfern von Tieren als ein Höhepunkt im Leben bewertet wurde. Bis der Prophet Hosche‘a auftaucht und krass verkündet: „Denn an Liebe habe ich Gefallen und nicht an Schlachtopfern, und an Gotteserkenntnis mehr als an Brandopfern!“[2]
Es gab eine Zeit, in der unsere Vorfahren ihren Schuldnern die Anleihe im siebten Jahr gesetzestreu erliessen, obschon so ein Gesetz und Verhalten aus wirtschaftlicher Sicht beurteilt, unhaltbar war. Bis Hilel auftaucht und diese Mizwa als ungültig erklärt [3].

Es gab eine Zeit in der Schabat im Dunkeln gefeiert wurde, da man an diesem heiligen Ruhetag kein Feuer anmachen durfte. Bis die talmudischen Rabbinen auftauchen und entscheiden, ja es sogar zu einer Mizwa erheben, dass an Schabat Licht und Wonne sein soll und wir deshalb unmittelbar vor Schabat Lichter anzünden.
Es gab eine Zeit, in der es Männern erlaubt war, mehrere Frauen zu heiraten. Bis Rabenu Gerschom [4] auftaucht und Polygamie verbietet.

Es gab eine Zeit in der das aktive Nachleben der meisten Mizwot Männern vorbehalten war. Bis im 19. Jahrhundert moderne Rabbiner auftauchen und entscheiden, dass Frauen und Männer im Judentum gleiche Rechte und Pflichten besitzen [5].
In einer Zeit, in der interreligiöse Eheleute die Wahl hatten, auf einem nicht-jüdischen Friedhof oder getrennt begraben zu werden, taucht unsere Gemeinde auf [6] und bietet interreligiösen Paaren auf dem Friedhof von Or Chadasch auch im Tode ein gemeinsames ‚Haus‘.
In einer Zeit in der…..
 
Wird einmal ein Rabbiner, eine Jüdische Instanz, ein Dachverband, eine Gemeinde aufstehen und verkünden, dass Jüdisch ist, wer ein Jüdischer Elternteil hat, Standpunkte bezüglich der Beschneidung erneut erwägt werden müssen, oder es für Misch-Eheleute eine Heiratszeremonie mit Jüdischem ‚touch‘ geben darf?
Ob es nun bald möglichst zu Entscheidungen in welcher Richtung auch kommt, ist meines Erachtens weniger wichtig, wie die Möglichkeit solche prinzipielle Themen die für den Einen tief verwurzelte no-go’s und für den Anderen verletzende Stolpersteine sind, diskutieren zu können.
 
Nur die Möglichkeit der offenen Diskussion und der Neu-Entscheide bezüglich der als inkongruent erfahrener Traditionen, versichert – wie die Geschichte zeigt – die Haltbarkeit des Judentums.   
 
Schabat Schalom,
Rabbiner Reuven Bar Ephraim; JLG Zürich 
 
[1] Schemot [2.BM] 40, 37.
[2] Hoschea 6, 8.
[3] Mischna Schewi’it 10, 3.
[4] Gerschom ben Jehuda, 960 (Metz) -1040? (Mainz).
[5] Protokolle der Dritten Versammlung Deutscher Rabbiner, Breslau, 1847, S. 264-265.
[6] August 2004.



Kategorien:Gesellschaft

Schlagwörter:,

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..