Thorazitat des Tages – Parascha


ThoraKönig David sagte: „Alle Augen schauen empor zu Dir und Du gibst ihnen ihre Nahrung zu rechter Zeit …“

Thora-Parascha

Sidra: BeChukotai – In meinen Gesetzen
Lesungen: 3. Mose 26,3 – 27,34
Haftara: Jeremia 16,19 – 17,14

Bechukotai-Psalm 105
Gottes Bund mit Israel

In Kapitel 26 des Buches Wajikra kommt der hebräische begriff „Berit“ (Bund) so oft vor, dass wir von einem Leitwort sprechen können. Da auch in Psalm 105 das Wort Berit mehrfach steht, ist der Verbindungspunkt nicht zu übersehen: in beiden Texten finden wir Aussagen über den Bund, den Gott mit Abraham bzw. mit dem Volk Israel geschlossen hat.
 
Fangen wir an mit der Verheissung für den Fall, dass die Israeliten die Gebote Gottes halten:  „Und ich werde mich zu euch wenden und euch fruchtbar machen und euch vermehren und meinen Bund mit euch halten“ (Wajikra 26, 9). Einige Verse später wird der ungekehrte  Fall angesprochen: „Und wenn ihr meine Satzungen verwerfet und wenn euch meine Rechte anekeln, dass ihr nicht tuet alle meine Gebote, dass ihr brechet meinen Bund“ (V. 15). Die angekündigten Folgen sind schrecklich; am Ende der Mahnrede steht jedoch das folgende Versprechen: „Dann werde ich gedenken meines Bundes mit Jakob und meines Bundes mit Yizhak und auch meines Bundes mit Abraham werde ich gedenken, und des Landes werde ich gedenken“ (V. 42). Rabbiner D. Hoffmann erklärt: „Das Land trauert gleichsam, wenn es von seinen Kindern verlassen ist; Gott gedenkt daher des Landes und führt ihm seine Kinder wieder zurück.“
 
Im Psalm heisst es: „Er gedenkt ewiglich seines Bundes, des Wortes, das er geboten, ins tausendste Geschlecht, das er geschlossen mit Abraham, und seines Schwures an Yizhak. Und stellte es auf für Jakob zur Satzung, für Israel zum ewigen Bunde“ (Verse 8 – 10). Der Psalmist schildert detailliert, was Gott für die Nachkommen Abrahams getan hat, und er endet mit einer Erinnerung an die Aufgabe, die die Israeliten zu erfüllen haben: „Auf dass sie seine Satzungen bewahren und seine Weisungen behüten“ (V. 45).
 
Es ist bemerkenswert, dass die 15 ersten Verse von Psalm 105 in Divre HaJamim I Kap. 16 erwähnt werden. Von den Abweichungen sei eine hier angeführt. Im Psalm steht: „Er gedenkt (hebr.: sachar) ewiglich seines Bundes“ (V. 8). In Divre HaJamim heisst es: „Gedenket (hebr.: sichru) ewiglich seines Bundes“ (V. 15). (Von: Prof. Dr. Yizhak Ahren)

 Sidra Bechukotai

Eins zu eins

Das erste Kapitel in der dieswöchigen Sidra Bechukotai (Wajikra [3.BM] 26, 3-45) ist eine Zumutung. Es werden uns zwei Situationen vor Augen gehalten. In der einen erfahren wir in 11 Versen alles Gute, das uns zu Teil fallen wird, wenn wir Gottes Aufträge einhalten. In der anderen, in dreimal so vielen Versen, die sehr bildlich beschriebenen, schrecklichen Konsequenzen bei Nichtbefolgung der Mizwot. Die Absicht ist sonnenklar, wir sollen einsehen, dass wir ‚de facto‘ nur eine Wahl haben: Gemäss den Mizwot zu leben. Buchstäblich verstanden, haben wir alles, was uns zustösst, zukommt oder geschieht, einzig und allein unserem Verhalten gegenüber den Mizwot zu verdanken.  Auch wenn wir die Beziehung zwischen wie wir leben und was das Leben uns bringt nicht in Einklang miteinander bringen können,  stimmt die gegebene Regel dennoch. Die Strafe für ein mizwaloses Leben kann für das Volk Israel jegliche denkbare Katastrophe sein, wie von wilden Tieren gerissen zu werden, durch eine furchtbare Krankheit zu sterben, Trockenheit und Überschwemmungen, die zu Missernten und Hungersnot führen und Unterdrückung durch Fremdherrscher. Mit diesem moralistischen Erklärungsmodell wurden und werden Schicksale, die das Jüdische Volk überkommen, gedeutet. Der Verlust der beiden Tempel, der Untergang des Königreiches Israel und Jehuda und die Schoa der jüngsten Vergangenheit, werden von den Anhängern dieses Erklärungsmodelles in Zusammenhang mit Mizwa-Untreue gebracht.
Es gibt noch ein ganz anderes, sachliches Erklärungsmodel: den Kaufkontrakt. Der erste Teil, der Hauptbestandteil des Vertrages, legt fest, dass du bezahlst für etwas, das du bekommst. Der zweite Teil ist das viele Kleingedruckte. Es gehört dazu, wird aber selten vor dem Unterschreiben des Vertrages gelesen. Es geht um obligatorisch zu erwähnende Grundbedingungen, die meistens ohne weitere Bedeutung sind. Die Drohungen Gottes wären also das Kleingedruckte im Bund.
Mein Erklärungsmodel die Welt zu verstehen, ist die Kausalbeziehung zwischen Ereignissen. Vor vielen Jahren geschah in Israel ein schrecklicher Unfall mit einem Schulbus voller Kinder, der unter einen Zug landete, wobei viele dieser Kinder und Lehrer umkamen. Der damalige Innenminister Rabbiner Yizchak Perez erklärte die Tragödie aus dem moralistischen Erklärungsmodel heraus: „Die Mesusot der Elternhäuser dieser Schüler waren nicht (mehr) koscher“. Es kann durchaus wahr sein, dass die Mesusot in diesen Häusern ‚passul‘ waren. Der Unfall war jedoch die Folge eines Buschauffeurs, der die rote Verkehrsampel vor dem Bahnübergang ignorierte. Die Schoa konnte sich nur vollstrecken, weil zum einen Menschen, aus welchen Gründen auch immer, durch und durch rabiate Ideen über Juden, Homosexuelle, Zigeuner und Behinderte hatten, die ausgerottet werden mussten und, zum andern, die Alliierten viel zu spät in Aktion traten, die Mordmaschine zu stoppen.

Auch die Zukunft des Jüdischen Volkes oder der Jüdischen Tradition ist meines Erachtens nicht abhängig von Menschen, die jedes Wochenende in die Synagoge kommen oder einen strikt koscheren Haushalt führen, sondern von dem Vorleben und Weitergeben der jüdischen Werte und Traditionen. Vergessen oder vernachlässigen wir es, unseren Kindern, Enkeln, Neffen und Nichten eine Bezugsperson für ‚Jüdischkeit‘ zu sein, ihnen das Judentum vorzuleben,verschwindet die Jüdische Existenz. Nicht, weil das Vernachlässigen der jüdischen Erbschaft die wilden Tiere dazu bringen würde, uns aufzufressen, nicht weil Krankheiten uns in diesem Fall heimsuchen, nicht, weil zukünftige Amaleks, Hamans und Hitlers uns als Strafe dezimieren werden, sondern einfach darum, weil das ‚Jüdischsein‘, wie übrigens alle ethischen Lebensweisen,  bewusst und aktiv לְד֥וֹר וָד֖וֹר, ledor wador, von Generation auf Generation weitergegeben werden muss. Wie ich es schon so oft sagte: Schabat oder Jontev ist es erst, wenn wir den Schabat oder den Feiertag als solchen erklären und gestalten. Anders gehen sie an uns vorbei. ‚Jüdischkeit‘ und ‚Jüdischsein‘ bestehen nur, solang wir es  gestalten und vermitteln. Anders verlieren wir….

Schabat Schalom,
Rabbiner Reuven Bar Ephraim, JLG Zürich



Kategorien:Gesellschaft

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