Iran droht mit Israels Zerstörung


File photo of Iran's Supreme Leader Khamenei gesturing in Tehran

Revolutionsführer Ali Khamenei vor einem Bild von Vorgänger Khomeini / Bild: REUTERS

Teheran verstärkt seine Drohungen gegen Washington und Jerusalem. Russland verstärkte derweil seine Marinepräsenz im Mittelmeer. Offiziell spricht Moskau von einer Routineoperation.

Die Syrienkrise spitzt sich immer mehr zu: Die UNO hat nun erste Beweise für einen Giftgasanschlag in den Damaszener Vororten. Die USA und Grossbritannien ziehen ihre Truppen am Mittelmeer zusammen. Israel hat seine Reservisten einberufen, Frankreichs Verteidigungskabinett berät sich noch, und Australien will auch ohne UN-Mandat in Syrien losschlagen.

Die iranische Führung hat angesichts einer möglicherweise kurz bevorstehenden westlichen Militärintervention in Syrien ihre Drohungen gegen Israel massiv verstärkt: „Ein Angriff auf Syrien würde die unmittelbare Zerstörung Israels bedeuten“, sagte Mohammed Ali Jafari, Kommandant der einflussreichen Revolutionsgarden, am Donnerstag in Teheran. Für die USA würden Syrien zu einem „gefährlicheren und tödlicheren Schlachtfeld“ werden, als es der Vietnamkrieg gewesen sei, so Jafari weiter.

Etwas gemässigter drückte sich der neue iranische Präsident Hassan Rohani aus: Er bezeichnete eine Entscheidung für einen Angriff noch vor dem endgültigen Ergebnis der UNO-Untersuchungsteams in Syrien als „äusserst gefährlich“. Der iranische Präsident erklärte die Bereitschaft seines Landes, in enger Zusammenarbeit mit Moskau als Vermittler in der Krise zu agieren, um eine „kostspielige Katastrophe“ in der Region zu verhindern. In der Sache soll es kürzlich ein Telefonat zwischen Rohani und seinem russischen Pendant Wladimir Putin gegeben haben.

Moskau schickt zwei Kriegsschiffe

Russland hat derweil wegen der sich zuspitzenden Lage in Syrien zwei Kriegsschiffe ins östliche Mittelmeer entsandt. Man wolle seine Marinepräsenz in der Region wegen der „allgemein bekannten Situation“ stärken“, die eine „Anpassung“ nötig mache, hiess es in der russischen Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf eine Quelle in den Streitkräften. Es handle sich um einen Raketenkreuzer und ein grosses U-Boot-Jagdschiff. Die Kriegsmarine spielte den Bericht wenig später herunter und sprach von einer Routineoperation im Rahmen einer geplanten Rotation.

Es war vorerst allerdings unklar, wann die beiden Schiffe an ihrem Bestimmungsort einlangen würden. Der Raketenkreuzer befindet sich derzeit im Nordatlantik und würde erst in einigen Tagen Richtung Mittelmeer aufbrechen, hiess es.

Ein heftiger und kurzer Militärschlag einer Koalition der Willigen gegen das Regime scheint nur eine Frage des richtigen Zeitpunkts zu sein. Russische Medien bezweifeln allerdings, dass der Westen eine Militäraktion noch vor dem G20-Gipfeltreffen in St. Petersburg vom 5./6. September lancieren wird.

Russische Botschaft in Damaskus dementiert derweil Pläne für Evakuierung von Diplomaten. Während der russische Aussenminister Sergej Lavrov davor warnte, dass ein von den USA durchgeführter Militärschlag gegen das Regime von Bashar Assad die Region destabilisieren könne, fährt die russische Marine fort, Landsleute und andere gefährdete Personen aus Syrien zu evakuieren.

 

Am Dienstag hat das russische Ministerium für Notfallsituationen 89 Menschen aus Syrien abtransportiert, 75 von ihnen russische Bürger. Für Mittwoch standen weitere Evakuierungen auf dem Programm. Am Dienstag erklärte Lavrov Lakhdar Brahimi, dem Friedensgesandten von Uno und Arabischer Liga gegenüber, die von den USA und deren Alliierten ins Auge gefasste militärische Intervention werde einzig zu einer weiteren Destabilisierung der Situation in Syrien und der ganzen Region führen. Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur ITAR-TASS bekräftigte die russische Botschaft in Damaskus, dass es keine Pläne für eine Evakuierung von russischen Diplomaten gebe. Heute leben zehntausende aus Russland stammende Menschen in Syrien, die Hinterlassenschaft von Jahren der Kooperation und des Austausches zwischen den beiden Staaten.

 

Syrien gibt sich weiter kämpferisch

Die syrische Regierung selbst erklärte am Donnerstag aufs Neue ihre Bereitschaft, sich gegen eine ausländische Intervention zu verteidigen. Die Androhung eines Angriffes auf Syrien werde „den unabhängigen Willen unseres Volkes“ nur noch stärken, wurde Diktator Bashar al-Assad im Staatsfernsehen zitiert.

Wie wird das Regime von Machthaber Baschar al-Assad auf einen Angriff des Westens reagieren?

Option 1: erfolgreich Wegducken

«Der moderateste Worst Case wäre, wenn Assad sich bei einem Angriff des Westens wegducken und gar nichts machen würde», sagt Sicherheitsexperte Josef Janning von der deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Doch was würde es Assad nützen, sich zu verkriechen? «Wenn Assad die Zerstörung seiner militärischen Einrichtungen ohne Gegenwehr zulässt, dann darum, weil er auf Ersatzmaterial von anderen Quellen hoffen kann. Der Iran, Russland, eventuell China könnten ihm liefern, was er braucht», so Janning. Der Vorteil für Assad: Die Bestrafung durch den Westen wäre dann zwar erfolgt, doch das Regime könnte weiter agieren statt effektiv beschnitten zu werden. Der Westen wäre ins Leere gelaufen, die Ernüchterung riesig.»

Option 2: auf Helfershelfer setzen

«Es gibt immer die Möglichkeit, dass Assad die Angreifer angreift», sagt der Sicherheitsexperte. Tatsächlich hat Assad eben erst klargestellt, dass sein Regime sich gegen alle Angriffe verteidigen wird.

«Doch ein direkter syrischer Gegenschlag bliebe erfolglos, denn der Westen wird seine Militäraktionen weit ausserhalb Syriens koordinieren. Also muss Assad den Gegner indirekt treffen: mit Helfershelfern der Hisbollah und aus dem Iran», so Janning. Eine Möglichkeit wäre etwa, Israel angreifen zu lassen.

«Dies würde eine Kettenreaktion auslösen, denn Israel würde zum Handeln gezwungen und müsste gegen die Hisbollah im Libanon losschlagen», analysiert der Sicherheitsexperte. Dabei möchte Israel möglichst nicht in den Syrienkrieg hineingezogen werden. immerhin herrscht auf der Golanhöhe an der syrisch-israelischen Grenze seit dreissig Jahren praktisch Ruhe.»

Option 3: durchdrehen

Die wohl schlimmste Variante wäre, wenn Assad durchdreht: Ein Rundumschlag mit Angriffen gegen Israel, die Türkei und andere Nachbarn. «Das würde einen Flächenbrand auslösen. Denn in diesem Fall würde der Nato-Bündnisfall eintreffen.» In dem Fall müsste auch Deutschland, das sich in der zugespitzen Syrienkrise bislang auffallend zurückhaltend zeigt, seine Patriotraketen in der Türkei gegen Syrien aktivieren.

«Das wäre dann eine unbegrenzte Strafaktion und damit das Gegenteil von dem, was der Westen jetzt versucht», sagt Janning. «Damit wäre jede Möglichkeit, eine politische Lösung in dem Konlikt zu finden, endgültig zerschlagen.»

Der Best Case – für alle

Aufgeben ist für Baschar al-Assad keine Lösung. «Wäre das eine Option für ihn, hätte er sie bereits früher ergreifen und abtreten können. Ich gehe davon aus, dass das System nur mit militärischer Gewalt geschwächt wird», so Janning.

Nur wenn der Westen Syrien ausreichend lang ins Visier nimmt und sowohl harte (Stützpunkte, Waffenarsenale) wie auch weiche Ziele (Logistik, Kommandostrukturen) zerstört, wird Assad geschwächt. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, den politischen Dialog in Gang zu setzen: «Der politische Dialog würde auf eine Machtübergabe abzielen und einen Rückzug Assads verhandelbar machen.»

Janning gibt zu bedenken, dass diese Variante mit grossen Risiken behaftet ist. «Wie kann etwa sichergestellt werden, dass Assads Chemiewaffen in der Zeit eines politischen Machtvaakuums nicht in die Hände von Dschihadisten fällt?»

Schliesslich muss die internationale Gemeinschaft einen militärisch erzwungenen politischen Prozess mit Zusicherungen an das Regime anreichern. Exilmöglichkeiten inbegriffen.

(JNS und Agenturen)



Kategorien:Nahost

Schlagwörter:, ,

1 Antwort

Trackbacks

  1. Festnahme nach Schüssen am Josefsgrab « JNS – ISRASWISS

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..