„Wir wollen keine weitere Eskalation“


csm_46062_46084_e5a12e8f45

Vorläufig weisse Flagge: Die Hisbollah hat erklärt, weitere Eskalationen vermeiden zu wollen.
(Foto: Only the Best :-)) | CC BY 2.0)

Die Hisbollah ist nicht an einem Krieg mit Israel interessiert. Diese Nachricht liess die schiitische Miliz in der Nacht zum Donnerstag den Israelis über einen Kommandeur der UN-Friedenstruppen zukommen. Auch Israel hatte erklärt, man wolle eine Eskalation der Auseinandersetzungen vermeiden. Verteidigungsminister Mashe Ya’alon bestätigte heute im Radio, dass er die Botschaft der Hisbollah erhalten habe. Dennoch bleibt die israelische Armee im Norden mit starken Kräften in Alarmbereitschaft.

Für die Hisbollah ist vorläufig Gerechtigkeit hergestellt: Den Angriff auf einen israelischen Militärkonvoi am Mittwoch deklarierte sie als „Vergeltung“. Vergolten werden sollte der Tod ihrer Kämpfer durch einen israelischen Angriff am 18. Januar. Über die Beobachtermission der Vereinten Nationen UNIFIL liess sie nun ergänzend mitteilen, an keiner weiteren Eskalation interessiert zu sein.

Bei dem Hisbollah -Angriff kamen zwei israelische Soldaten ums Leben: Der 25-jährige Jochai Kalangel und der 20-jährige Dor Chaim Nini. Ein spanischer UN-Soldat, der 36-jährige Francisco Javier Soria Toledo, starb beim israelischen Gegenangriff. Laut der spanischen Zeitung „El País“ war Toledo seit vergangenem November im Libanon stationiert und sollte an diesem Donnerstag nach Spanien zurückkehren.

Die Hisbollah ist nach ihrem Angriff im Libanon unter Druck geraten. Führende Regierungsvertreter warfen Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah vor, er wolle den Libanon in einen Krieg mit Israel treiben.

Die Gefechte am Mittwoch waren die schwersten seit dem 34-tägigen Libanonkrieg im Jahr 2006, der rund 1000 Todesopfer forderte. Die Terrormiliz, die vom Iran unterstützt wird, beeilte sich, von einem „Auge-für-Auge“-Angriff zu sprechen: Israel hatte ein Terrorkommando von Hisbollah-Kämpfern und iranischen Offizieren auf dem Golan ausgeschaltet. Die zwölf Todesopfer sieht die Terrormiliz nun durch den Tod der israelischen Soldaten als „gerächt“ an. Tatsächlich ist die Hisbollah in einer misslichen Lage: Etwa 3000 ihrer Soldaten kämpfen in Syrien an der Seite von Diktator Assad und müssen hohe Verluste hinnehmen – kein günstiger Zeitpunkt für eine intensive Auseinandersetzung mit dem jüdischen Staat.

Die Europäische Union drängt auf ein Ende der Kampfhandlungen. Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini forderte beide Seiten zu grösstmöglicher Zurückhaltung auf. Währenddessen kritisierte der spanische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Oyarzun Marchesi, Israel scharf für den Tod des spanischen Blauhelm-Soldaten Francisco Toledo (36): „Die Eskalation der Gewalt kam von der israelischen Seite“, behauptete er.

Die spanische Regierung forderte bei den Vereinten Nationen eine Untersuchung des Vorfalls. Der UN-Sicherheitsrat verurteilte den Tod des Blauhelm-Soldaten. Der israelische UN-Botschafter Ron Prosor drückte in einem Brief an das Gremium, bei dem Spanien derzeit Mitglied ist, sein Bedauern aus. Zugleich forderte er den Sicherheitsrat auf, auch die Hisbollah zu verurteilen.

Die Blauhelme der Vereinten Nationen (UNIFI) sollen den Waffenstillstand an der Grenze überwachen und sicherstellen, dass die Hisbollah hier keine Militärstellungen errichtet. Nach Erkenntnissen israelischer Militärexperten verfügt die Terrororganisation jedoch in der Grenzregion über ein weit verzweigtes Tunnelnetzwerk mit modernen unterirdischen Kommandozentralen.

Ob und in welcher Weise Israel auf den Angriff reagieren wird, ist derzeit unklar. „Bis sich das Gebiet vollständig beruhigt, wird die Armee vorbereitet und bereit sein“, sagte Verteidigungsminister Mosche Ja‘alon laut der Tageszeitung „Yediot Aharonot“. Premierminister Benjamin Netanjahu machte am Donnerstag den Iran verantwortlich für den Anschlag. „Heute ist der Iran derjenige, der seine Botschafter des Terrors an unseres Grenzen im Norden und Süden bewaffnet, organisiert und finanziert.“

Die Hisbollah („Partei Allahs“) verübt seit Mitte der 80er Jahre Terrorangriffe. Bis zum Anschlag vom 11. September 2001 hat sie mehr US-Bürger getötet als jede andere Terror-Organisation. Der Iran unterstützt die Hisbollah finanziell und mit Waffen, ebenso wie die radikal-islamische Hamas im Gazastreifen. Im März vergangenen Jahres fing die israelische Marine ein aus dem Iran kommendes Schiff mit Raketenlieferungen ab.

Mit der Aufrüstung verstösst die Hisbollah gegen die UN-Resolution 1701 aus dem Jahr 2006, die infolge des Zweiten Libanonkrieges verabschiedet wurde. Diese sieht unter anderem vor, dass im Libanon nur die libanesische Armee bewaffnet sein darf. Die im Südlibanon stationierte Schutztruppe UNIFIL soll dafür sorgen, dass dies eingehalten wird. Nach Angaben der israelischen Armee besitzt die Hisbollah 100.000 Raketen, fünfmal mehr als zum Zeitpunkt der Resolution.

Die israelische Armee setzte am Morgen ihre Suche nach möglichen Terrortunneln fort, durch die Hisbollah-Kämpfer nach Israel gelangen könnten. Im Grenzgebiet sind etliche Such-Bohrungen im Gange, nachdem Anwohner von verdächtigen Geräuschen und Vibrationen berichtet hatten. (JNS, ih, inn)



Kategorien:Nahost

Schlagwörter:, ,

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..