Pessach 5780


09.04.2020  – 09.30 Uhr
Schacharit 1. Tag Pessach online https://orchadasch.netlify.com/

10.04.2020  – 18.45 Uhr
Ma’ariw leSchabbat chol hamo‘ed online https://orchadasch.netlify.com/

11.04.2020  – 10.00 Uhr
Schacharit leSchabbat chol hamo‘ed online https://orchadasch.netlify.com/

11.04.2020  – 19.30 Uhr
Parascha baErew und Hawdala von Rabbiner Ruven Bar Ephraim online per zoom

„Dank vier Sachen wurde Israel aus Ägypten erlöst: sie änderten weder ihren Namen nochihre Sprache, haben nicht verleumdet und niemand hat Hurerei getrieben“ (Midrasch Schir Haschirim raba 34).

Die vier ‘Sachen’, die die Israeliten während ihres Aufenthalts in Ägypten kennzeichneten und weshalb sie gemäss dem Midrasch erlöst wurden, betreffen unterschiedliche Ebenen: Zum einen waren sie ihren Traditionen treu und zum andern war ihr Verhalten aus moralischer Sichtweise makellos. Das jüdische Selbstbewusstsein gründet auf der Auserwählung Gottes auf Kosten anderer Völker. Auch wenn wir wissen, dass dies uns nicht zu besseren Menschen macht, erwähnen wir es bei jedem Kiddusch und bei jeder Alija zur Tora.

Unsere Traditionen sind nicht in einem Leerraum entstanden. Viele unserer Sitten, Bräuche und sogar Gesetze sind im Austausch mit den uns umgebenden Kulturen entstanden. So haben wir Einiges übernommen und es dann als ‚jüdisch‘ erklärt. Beispiele davon sind das Verkleiden an Purim (Fasnacht), Geschenke an Chanukka (Weihnachten), Mizwot in der Tora (mehrheitlich dem Codex Hammurabi entnommen) und die Beschneidung (von ägyptischen Priestern übernommen). Auch den Ablauf des Seder Abends haben wir nicht selbst erfunden. Der Seder gründet auf dem griechischen Symposion. Die Kleider der Ultra-Orthodoxen sind ursprünglich überhaupt nicht jüdisch, sondern einfach ‘nur’ Ost-Europäisch.

Sogar unser Jiddisch ist nur teilweise jüdisch und sonst hauptsächlich Mittel-Hochdeutsch. Der amerikanische Rabbiner Mosche Feinstein (Igrot Mosche) meint, dass es keine hebräischen Namen weder die hebräische Sprache noch eine spezielle Kleidung braucht, um die jüdische Identität mit sich zu tragen. Es gehe, so Feinstein, um das Nachleben der jüdischen Traditionen.
Zweifelsohne ist moralisches Verhalten eine gute Sache. Wenn es aber weder Tratsch noch Lügen, Diebstahl, Vergewaltigung, Mord usw. geben würde, befänden wir uns schon in der messianischen Zeit. Das Streben nach moralischem Verhalten und einer gerechten Gesellschaft muss hochgehalten werden. Es gibt in der Haggada, gegen das Ende des Seders den folgenden Text:

«Schütte Deinen Grimm über die Völker aus, die Dich nicht anerkennen und über die Reiche, die Deinen Namen nicht anrufen; denn sie haben Ja’akow verdorben und seine Wohnung vernichtet (Tehillim (Psalm) 79, 6). Schütte Deinen Zorn auf sie und Dein brennender Grimm treffe sie (Tehillim (Psalm) 69, 25). Verfolge sie mit Wut und tilge sie unter des Ewigen Himmel hinweg (Echa (Klagelieder) 3, 66).»

Ich bin wohl nicht der Einzige, dem dieser Text nicht gefällt. Laut den Kriterien des oben zitierten Midrasch spricht der ‘Schütte- deinen-Grimm’ Text nicht dafür erlöst zu werden. Auch nähern wir uns mit einer solchen Haltung auf keinen Fall der messianischen Zeit. Zu meiner grossen Freude gibt es einen alternativen Text, der in der Marge einer Haggada aus 1525 gefunden wurde. In der Forschung denkt man, dass dieser Text von Raschis Enkel Jehuda ben Jekuti’el stammt:

ְ

Schfoch ahawatcha al hagojim ascher jeda’ucha weal mamlachot ascher beschimcha korim biglal chassadim schehem ossim im sera Ja’akow umaginim al amcha Jisrael mipne ochlehem. Jisku lirot besukat bechirecha welismoach besimchat gojecha.

Treue zur eigenen Tradition ohne Andere zu schmähen und moralisches Verhalten wird auch am Seder Abend von uns verlangt. Darum der alternative Text:
«Giesse deine Liebe über die Völker, die dich anerkennen und über die Staaten, die deinen Namen rufen, für die Wohltaten, die sie den Nachfahren Ja‘akows angedeihen lassen; dafür, dass sie dein Volk Israel beschützen vor ihren Feinden, die sie verzehren möchten. Möge es ihnen vergönnt sein das Wohl deiner Auserwählten zu sehen, und sich mit deinem Volk zu freuen.»
Ich wünsche Ihnen Chag sameach und einen bedeutungsvollen Seder Abend zu, auch wenn er dieses Jahr bestimmt anders sein wird als alle anderen Seders. Bleiben Sie gesund.

Rabbiner Ruven Bar Ephraim
Jüdische Liberale Gemeinde Zürich
http://www.jlg.ch/  rabbinat@jlg.ch

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