30 Tage Krieg gegen den Iran?


Im Atomstreit mit dem Iran rechnen Sicherheitsexperten schon lange mit einem israelischen Präventivschlag. Nun werden die Angriffspläne offenbar konkreter: Nach Einschätzung des scheidenden Zivilschutzministers Wilnai würde ein Krieg 30 Tage dauern – und das Leben von 500 Israelis kosten. Die israelische Regierung geht davon aus, dass ein Angriff auf die iranischen Atomanlagen in einen einmonatigen Konflikt münden würde. „Die Analysen deuten auf einen Krieg an mehreren Fronten hin, der 30 Tage dauern würde“, sagte der scheidende Zivilschutzminister Matan Wilnai der Zeitung „Maariv“ vom Mittwoch. Ein mögliches Ausgangszenario könnte schon das gemeinsame Grossmanöver der USA und Israel im Oktober 2012 sein.

Wollen sie iranische Atomanlagen bombardieren? Israels Premierminister Benjamin Netanyahu (2.v.r.) mit seinem Verteidigungsminister Ehud Barak (2.v.l.).

 Israels Premierminister Benjamin Netanyahu (2.v.r.) mit seinem Verteidigungsminister Ehud Barak (2.v.l.). Bild: Ronen Zvulun/Reuters

Wilnai bestätigte die Einschätzung von Verteidigungsminister Ehud Barak, dass etwa 500 Israelis sterben dürften, wenn jeden Tag Hunderte Raketen auf die Städte des Landes niedergingen. „Es gibt keinen Anlass zur Hysterie“, sagte er. Der Zivilschutz sei so gut vorbereitet wie nie zuvor, fügte der künftige Botschafter in Peking hinzu. Die Ablösung Wilnais an der Spitze des Ministeriums für Zivilverteidigung war erst am Dienstag bekannt geworden. Ihm folgt der frühere Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Avi Dichter. Israelische Medien interpretierten die Personalie als eine Stärkung der Hardliner in der Regierung.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Barak fehlen dazu die entscheidende Unterstützung sowohl im Militär als auch im Sicherheitskabinett.

Im Falle eines Angriffs drohen Vergeltungsangriffe mit Raketen aus dem Iran, von Islamisten in den Palästinenser-Gebieten und von der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon. Es wird davon ausgegangen, dass die Palästinenser im Gaza-Streifen über 10 000 und die Hisbollah über 50 000 Raketen verfügen, die auch Tel Aviv erreichen könnten. Der israelische Raketenschild dürfte einen Teil abwehren.

Experten diskutieren derweil, ob die israelische Bevölkerung psychologisch zu einem Krieg bereit ist. Zwar wären 500 Tote nicht mit den Verlusten im Unabhängigkeitskrieg von 1948 vergleichbar, bei dem etwa ein Prozent der Bevölkerung starb. Auch bei den Konflikten 1967 und 1973 waren die Totenzahlen höher. Der Militärhistoriker Martin van Creveld bezweifelt jedoch den Durchhaltewillen. Es sei fraglich, ob die israelische Bevölkerung bereit sei, den Preis für einen solchen Krieg zu zahlen. Unter Anspielung auf die Islamisten im Libanon und den Palästinenser-Gebieten sagte er: „Mehr als 20 Jahre des Kämpfens gegen die Schwachen haben in Israel eine widerliche Mischung von Aggression und Selbstmitleid hervorgebracht.“
 
Der ehemalige israelische Luftwaffenchef David Ivry, der den Angriff auf den irakischen Atomreaktor 1981 geplant hatte, weist die Bedenken zurück. „Wenn das Land entscheidet, dass die nationale Sicherheit auf dem Spiel steht, dann wird der Preis gezahlt.“ Für den Schriftsteller Amos Oz ist der Rückhalt in der Bevölkerung davon abhängig, ob der Konflikt als unbedingt notwendig gesehen werde. „Es kommt darauf an, ob es Krieg ohne Alternative ist oder ein Wahl-Krieg“, sagte er. Einen israelischen Angriff auf den Iran halte er für einen Fehler: „Der Iran ist das Problem der ganzen Welt.“


Kategorien:Politik, Sicherheit

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