Als Demonstranten vor über zwei Jahren in Berlin Israel-Fahnen und den Davidstern verbrannten, war die Empörung von Politikern und Öffentlichkeit gross. Antisemitismus werde nicht geduldet, hiess es allerorten. Im Dezember 2017 hatten muslimische Judenhasser in Berlin Israel-Fahnen angezündet, um gegen die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem zu protestieren. Die Bilder aus Berlin gingen um die Welt.
Seitdem beraten Politiker, wie künftig verhindert werden kann, dass derartige Symbole geschändet werden. Denn ausländische Fahnen sind im Strafgesetzbuch nur geschützt, wenn sie offiziell gehisst wurden, etwa vor Botschaften oder bei Staatsbesuchen. Auch im Abgeordnetenhaus wurde seither um ein Verbot von Flaggenverbrennungen gestritten. Doch in der vergangenen Woche scheiterte es – an der Linkspartei.
Im Rechtsausschuss brachte die CDU einen Antrag für einen Beschluss des Abgeordnetenhauses ein. Das Parlament sollte den Senat auffordern, eine Bundesratsinitiative zu starten, um den Paragrafen 104 des Strafgesetzbuches zu erweitern. Auch das Verbrennen oder Zerstören von Fahnen auf Kundgebungen solle darin erfasst sein. Der Antrag sah auch vor, dass der Paragraf auch auf Symbole mit religiöser Bedeutung – etwa den Davidstern erweitert werden sollte. Die Abgeordneten der Linkspartei mit ihrer grundsätzlich anti-israelischen Haltung waren gegen ein Verbot von öffentlichen Flaggen-Verbrennungen. Wegen der so heiligen Koalitionsdisziplin liefen dann auch SPD und Grüne wie die Lemminge hinterher und lehnten den Antrag ab.
Das Flaggenverbrennen sei in Deutschland „vom Schutz der Meinungsfreiheit gedeckt“
„Wir wollen das über das Versammlungsrecht lösen und nicht über das Strafrecht“, begründet der rechtspolitische Sprecher der Linkspartei, Sebastian Schlüsselburg. „Die Linksfraktion verurteilt jegliche Verbrennung von Israel-Fahnen oder jüdischer Symbole. Besonders vor dem Hintergrund, dass in Berlin die Shoa organisiert wurde“, sagte der scheinheilige linke Genosse. „Aber man kann ein Verbot mit versammlungsrechtlichen Möglichkeiten durchsetzen. Dafür haben wir im geplanten neuen Versammlungsfreiheitsgesetz eine gute Regelung gefunden.“ Er hält es aber für „problematisch“, das Verbrennen von Fahnen pauschal unter Strafe zu stellen.
Antisemitische Scheinheiligkeit, geäussert von Sebastian Schlüsselburg, rechtspolitischer Sprecher der Linkspartei: „Wir sollten nicht pauschal die Meinungsfreiheit einschränken, auch wenn wir solche Handlungen und Äusserungen persönlich widerlich finden.“
Anfang 2018 hatte die rot-rot-grüne Koalition beim Wissenschaftlichen Parlamentsdienst des Abgeordnetenhauses ein Gutachten erbeten, ob das Verbrennen ausländischer Nationalflaggen bei Versammlungen nach geltendem Recht unterbunden werden kann. Der Parlamentsdienst kam angeblich zu dem Schluss, dass das Verbrennen von Fahnen als symbolische Handlung durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt sei und den Schutz der Meinungsfreiheit geniesse. Denkbar sei ein Untersagen bei Demos und Kundgebungen als Mittel der Gefahrenabwehr, wenn das Verbrennen von Flaggen eine Verletzungsgefahr von Teilnehmern mit sich bringe.
„Israel ist ein Sonderfall. Alles andere müssen wir aushalten.“
Wegen der schockierenden Bilder von 2017, die dem Image Deutschlands im Ausland schadeten, machte sich auch der Bundestag Gedanken. So entstand die Idee, das öffentliche Verbrennen der israelischen Fahne unter Strafe zu stellen. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hielt dies in einer Stellungnahme vom März 2018 für zulässig: „Ein Straftatbestand, der die Verunglimpfung allein der israelischen Flagge unter Strafe stellt, könnte mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar sein. Im Lichte der fortwirkenden, besonderen, geschichtlich begründeten Verantwortung Deutschlands, erschiene es nicht willkürlich, die israelische Flagge in besonderer Weise zu schützen.“ Im Dezember jenes Jahres 2017 hatte Jeremy Issacharoff, der israelische Botschafter in Deutschland, eine Änderung des entsprechenden Gesetzes in der Bundesrepublik gefordert, um das Verbrennen der israelischen Flagge zu verbieten. «Es ist anti-demokratisch, und im Falle Israels kann es sogar antisemitisch sein», sagte der Botschafter.
Sebastian Schlüsselburg äusserte sich dazu und sagte: „Israel ist ein Sonderfall. Aber alles andere müssen wir aushalten. Wir sollten nicht pauschal die Meinungsfreiheit einschränken, auch wenn wir solche Handlungen und Äusserungen persönlich widerlich finden.“
„Ein Code dafür, dass Menschen vernichtet werden sollen“
Genau das sieht Elio Adler, Vorsitzender des Vereins Werteinitiative – jüdisch-deutsche Positionen anders. „Hinter jeder Landes-Fahnenverbrennung steht keine abweichende Meinung, sondern der Code, dass Menschen vernichtet werden sollen. Das fällt nicht unter Meinungsfreiheit“, sagt er. Es brauche keine Sonderregelung für Israel. „Es ist wichtig, dass Fahnenverbrennung generell verboten wird, denn es gibt keine besseren oder schlechteren Opfer.“
Der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Sven Rissmann, findet die Aktion der Linken verstörend. „Es ist ein Armutszeugnis für die Koalition, dass sie sich nicht zu einem klaren Bekenntnis durchringen konnte. Berlin hätte hier ein Signal setzen können, weil die Fahnenverbrennungen von hier ausgegangen sind.“
Inzwischen erledigt der Bundestag die Arbeit. Ein Entwurf des neuen Gesetzes liegt jetzt vor. Von dem neuen Gesetz würde logischerweise auch die Flagge des Staates Israel profitieren. In erster Lesung beriet er vergangene Woche über ein Verbot der Schändung von Flaggen. Die Initiative dafür ging vom Bundesrat aus, der ursprünglich nur die EU-Flagge im Blick hatte, was aber von CDU, CSU und SPD auf Flaggen ausländischer Staaten erweitert wurde. Der Anstoss für die Bundesratsinitiative kam allerdings nicht aus Berlin – sondern aus Sachsen. (
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