Nach einer spannenden Wahlnacht hat die Hauptstadt Israels einen neuen Bürgermeister. Er heisst Moshe Leon, nachdem er seinen Rivalen Ofer Berkovitch mit einem Vorsprung von drei Prozentpunkten besiegen konnte.
Nachdem etwa die Hälfte aller Stimmen in Jerusalem gezählt worden waren, sah es zunächst so aus, als würde der nicht religiöse Kandidat Ofer Berkovitch am Ende die Nase vorne haben, obwohl er bei den Wahlen vor zwei Wochen etwas weniger Stimmen als Moshe Leon erhalten hatte. Berkovitch führte zeitweise mit mehr als 10 Prozentpunkten vor seinem Rivalen.
Doch nach Verkündigung des Endergebnisses gab es im Lager von Berkovitch traurige Gesichter. Moshe Leon erhielt am Ende rund 6000 Stimmen mehr, so dass auch die Stimmen der rund 3800 Soldaten, die noch nicht gezählt wurden, nicht mehr am Wahlergebnis verändern können. Moshe Leon wird nun das Büro des ausscheidenden Bürgermeisters Nir Barkat übernehmen.

Ernüchterung nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Ofer Berkovitch mit Anhängern (Foto: Noam Revkin Fenton/Flash90)
Gestern Abend gab es im Lager von Ofer Berkovitch noch Hoffnung, nachdem der stellvertretende Gesundheitsminister Jaakov Litzman und seine Partei Agudat Israel ihre Unterstützung erklärt hatten, so dass eine grosse Zahl von orthodoxen Juden ihre Stimme ausgerechnet dem nicht religiösen Kandidaten Ofer Berkovitch gaben.
Gegenkandidat Berkovitsch deutete unterdessen an, dass es Unregelmässigkeiten bei der Wahl gegeben haben könnte. „Unser Team untersucht die Ergebnisse sehr genau“, zitiert die Tageszeitung „Yediot Aharonot“ den 35-jährigen Aktivisten. Berkovitsch sprach von Vorgängen, die „am Rande der Illegalität“ seien. Trotz der absehbaren Niederlage erklärte er, dass „wir die Grundlagen für eine neue israelische Hoffnung gelegt haben“.
Im Vorfeld der zweiten Runde hatten viele prominente Politiker ihre Unterstützung für Lion bekundet, darunter der scheidende Bürgermeister Nir Barkat. Verteidigungsminister Avigdor Lieberman und Innenminister Arieh Deri (Video) hatten von Anfang an intensiv für den ehemaligen Generaldirektor im Büro des Premierministers geworben. Premierminister Benjamin Netanjahu (Likud) hatte hingegen keine weitere Wahlempfehlung ausgesprochen, nachdem sein Kandidat Se’ev Elkin bereits in der ersten Runde ausgeschieden war.
Nir Barkat unterstützte die Wahl von Moshe Leon und war bei der anschliessenden Siegesfeier mit anwesend. Auch Innenminister Arie Deri von der Shas Partei, sie ebenfalls hinter Moshe Leon stand, telefonierte mit dem neugewähltem Bürgermeister Jerusalems und gratulierte ihm zum Sieg.
In seiner Rede während der Siegesfeier sagte Moshe Leon, dass er Bürgermeister aller Bürger der Stadt sein wird. Nun sei die Zeit gekommen, den Reden Taten folgen zu lassen. Dann bedankte er sich beim Bürgermeister der letzten zehn Jahre, Nir Barkat, für seine Arbeit zum Wohle der Stadt. „Es erwarten uns viele nicht einfache Herausforderungen in dieser vereibigten, komplexen und wunderbaren Stadt“, sagte er.
Auch die Stadt Ramat Gan hat einen neuen Bürgermeister. Der ehemalige Knessetangeordnete und israelischer Botschafter bei der UNESCO Carmel Shama HaCohen wird den amtierenden Bürgermeister Israel Singer ablösen. In Bat Yam besiegte der Kandidat des Likud, Zvika Brot, den noch amtierenden Bürgermeister Yossi Bachar, der zur Überraschung vieler die Unterstützung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bekommen hatte.
Die Wahlbeteiligung bei den gestrigen Stichwahlen in 54 Städten und Gemeinden lag bei 40 Prozent.
Kategorien:Gesellschaft
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