Gestern Abend wurde unsere Routine plötzlich von der Nachricht eines Raketenalarms in Tel Aviv das Zentrum des Landes, unterbrochen. Im Fernsehen wurde das Basketballspiel zwischen Maccabi Tel Aviv und Efes Istanbul übertragen, als der Kommentator erwähnte, das im selben Moment draussen die Sirenen heulen. Das Spiel lief ungestört weiter. Von den Zuschauern in der Arena in Tel Aviv schien niemand etwas davon mitbekommen zu haben.
Auch ich war überrascht und suchte in meinem Handy nach weiteren Informationen. Dann meldete sich meine Tochter, die das Wochenende in der Basis in Tel Aviv verbringt, Es habe „Roten Alarm“ gegeben, Zeva Adom heisst das auf Hebräisch. Ich war immer noch ungläubig. Zeva Adom? Jetzt? In Tel Aviv? Doch dann meldete sich per WhatsApp auch unser ältester Sohn, der in Tel Aviv wohnt. Es sei alles in Ordnung, schrieb er.
Das war der Moment, an dem ich den Fernseher im Wohnzimmer anschaltete. Dort wurde auf allen drei Kanälen, 11,12 und 13 vom Raketenangriff auf Tel Aviv berichtet. Es war kurz nach 21 Uhr. Im anderen Fernseher lief das Basketballspiel ungestört weiter, während ich schon begann, mich auf Krisenstimmung umzustellen. Ich war jetzt auf alles vorbereitet und stellte mir dabei vor, dass vielleicht gleich auch bei uns die Sirenen losgehen würden und wir dann unserem Sohn in seinem Zimmer Gesellschaft leisten würden. Denn sein Zimmer ist der Sicherheitsraum unserer Wohnung. Aber dazu kam es nicht. Doch alle TV-Kanäle berichteten nur noch von den Raketen über Tel Aviv. Es gab Live-Schaltungen nach Bat Jam und Holon, wo die Explosionsgeräusche am lautesten zu hören waren.
Schnell waren alle Fernsehsender auf die neue Realität vorbereitet. Experten diskutierten in den Studios über die mögliche israelische Reaktion (sie kam in der Nacht). Die Sondersendungen wurden erst nach Mitternacht beendet und heute früh wieder aufgenommen. Wir kennen diese „Krisen-Routine“ bereits. Es ist immer das gleiche „Spiel“. Klar war auch, dass die israelische Armee in der Nacht deutlich heftiger reagieren wird. Schliesslich sind Raketen auf Tel Aviv etwas ganz anderes als Raketen auf den Süden. Denn dort ist man das ja gewohnt. Nein, nein, das darf natürlich nicht so sein. Doch leider scheint es tatsächlich so zu sein, dass wir erst Raketen auf Tel Aviv brauchten, um zu verstehen, dass es keinen Unterschied gibt zwischen Raketen im Süden oder in Tel Aviv.
Der heutige Tag begann mit einem weiteren Raketenalarm, der im Fernsehen immer in der bekannten orangen Farbe des Heimat-Kommandos der Armee angezeigt wird (siehe Titelbild). Wir ´kennen dieses Bild noch sehr gut vom Sommer 2014. Geht es nun wieder los? Die Berichte von gestern und heute früh waren kaum anders als zur Zeit der vorigen „Runden“, bei den früheren Raketenangriffen. Es ist eigentlich immer das Gleiche. Rakete, Beratungen, Reaktion, Angst vor Eskalation und dann Ende der Auseinandersetzung bis zum nächsten Mal.
Diesmal wurde sofort mit der normalen Routine fortgefahren. Der Schulunterricht wurde nicht abgesagt, denn wir kennen das ja schon. Aber immerhin war es ein interessanter Fernsehabend. Bis zum nächsten Mal, wenn wieder eine Wiederholung gesendet wird. (Dov Eilon, ih)
Bild: Raketenalarm beim Frühstücksfernsehen (Bildschirmaufnahme)
Kategorien:Gesellschaft
Kommentar verfassen