Wie ein unverbesserlicher Rassist aus Frauenfeld vor Gericht abblitzte.
«Israel ist Scheisse», schreit der Beschuldigte. «More Scheisse.» Der leicht hinkende Mann wird bei der Urteilsverkündung laut, ist aufgebracht. Erst nach Aufforderung der beiden Kantonspolizisten verlässt der 63-jährige IV-Rentner den Saal des Bezirksgerichts Frauenfeld. Der gebürtige Palästinenser, der in Frauenfeld lebt, ist ein unverbesserlicher Rassist.
Schuldig der Rassendiskriminierung. So sieht es das Bezirksgericht – kommt dem Beschuldigten aber noch entgegen, indem es die zu vollziehende Geldstrafe vom Antrag des Staatsanwalts (80 Tagessätze à 30 Franken) auf 30 Tagessätze à zehn Franken heruntersetzt. Wie die Richterin begründet, sei das Strafmass verglichen mit ähnlich gearteten Fällen zu hoch. Zudem solle die Strafe vollziehbar sein. Der Beschuldigte habe ja kein Einkommen.
Beiträge auf Twitter-Profil mit fast 30’000 Followers
«Dieses Verhalten ist nicht gut für den öffentlichen Frieden.» Das stellt die Richterin fest. Die Staatsanwaltschaft Frauenfeld hatte argumentiert, dass der Beschuldigte «wissentlich und willentlich in gegen die Menschenwürde verstossende Weise gegen eine Gruppe von Menschen, die Juden, Hass geschürt» habe.
Insgesamt fünf Beiträge in Sozialen Medien im Laufe des ersten Halbjahres 2018 werden dem Beschuldigten zur Last gelegt, davon vier Tweets auf einem öffentlichen Twitter-Profil mit gemäss Strafbefehl «fast 30’000 Followers». So ist da etwa zu lesen:
«Schweizer Juden kontrollieren die Wirtschaft, Schweizer Juden sind krimineller als israelische Juden»
Oder auch: «Der Nationalsozialismus und die Schweizer haben gegen mich und meine Kinder kriminelle, terroristische und nationalsozialistische Verbrechen begangen.» Und er ruft zu «Tod für Schweizer Jüdinnen» auf. Solche Aussagen sind allesamt unter dem Klarnamen des Beschuldigten veröffentlicht.
(Die ganze Doku: http://www.3sat.de/page/?source=/doku…)
Die Privatklägerschaft hinter dem Strafbefehl setzt sich aus dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG), der SIG-Vizepräsidentin und dem SIG-Generalsekretär zusammen. Gegen den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft von vergangenem November hat der Beschuldigte Einsprache erhoben. Das Bezirksgericht erachtet diese am späten Montagnachmittag aber als unbegründet. Bestandteil des noch nicht rechtskräftigen Urteils ist auch, dass die zweijährige Probezeit für eine bedingte Geldstrafe um ein Jahr verlängert wird. Diese hatte die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland im November 2016 für einen anderen Straftatbestand (nicht Rassendiskriminierung) erlassen.
Geduld ist ein wichtiges Gut an diesem Nachmittag. Zuerst taucht der aufgebotene Arabisch-Übersetzer nicht auf. Es braucht Ersatz. Dann kritisiert der Beschuldigte die seiner Meinung nach zionistische Weltenverschwörung in minutenlangen Monologen und ausdauernd gestikulierend, statt sich konkret zu den Fragen des Gerichts zu äussern. Schon vor der Versammlung sagt er:
«Ich bin das Opfer.»
Und so geht es dann auch weiter. Er wolle zwar die Wahrheit sagen, werde jedoch ständig missverstanden. Und gegen das Judentum als Religion habe er gar nichts, aber gegen die jüdische Politik, «diese Zionisten». Was in Sozialen Medien unter seinem Namen zu lesen sei, «ist nicht meine Sprache». Vielmehr seien Twitter und Facebook in der Hand der Zionisten. Seine Aussagen würden verfälscht wiedergegeben.
Und sowieso bestreitet er, die ihm zur Last gelegten Beiträge überhaupt veröffentlicht zu haben. Schuld an allem habe der israelische Geheimdienst, der Mossad. Daher rührten auch die zehn Facebook-Konten, die unter seinem Namen eröffnet worden seien. Seine langatmige Verteidigung nützt nichts. Der Beschuldigte ist und bleibt ein unverbesserlicher Rassist. (Mathias Frei, Tagblatt)
Kategorien:Gesellschaft
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