Unsere Weisen lehrten uns: „Ohne den Glauben ist ein Leben völlig sinn- und bedeutungslos, da es keinen einzigen Menschen auf dieser Welt gibt, der am Ende nicht sterben wird.“
Thora-Parascha
Schabbat „Tasria“ – Schabat Hachodesch
Sidra: 3. Mose 12:1 – 13:59
Haftara: Hesekiel 45:16 – 46:18
Tasria-Psalm 106
Sünde, Strafe und UmkehrIm Wochenabschnitt Tasria werden diverse Aussatzschäden (hebr.: Nega’im) besprochen: „Ein Mensch, wenn an der Haut seines Fleisches etwas Hochweisses oder dem Nahekommendes oder Glanzweisses ist, und es gestaltet sich in der Haut seines Fleisches zu einem Aussatzschaden: so werde er zu Aharon, dem Priester, oder zu einem von seinen Söhnen, den Priestern, gebracht“ (Wajikra 13,2). Wie Rabbiner Hirsch bemerkt, sind Nega’im nicht gewöhnliche Krankheitszustände, sondern solche, die als Folge einer besonderen Gottesschickung eintreten. Unsere Weisen haben Nega’im als Strafe für verschiedene Sünden hingestellt (siehe Talmud, Arachin 16 a und Midrasch Wajikra Rabba 17,3).
Im zugeordneten Psalm 106 ist von Nega’im nicht die Rede. In diesem Text finden wir eine Aufzählung von zehn Sünden, die unsere Vorfahren beim Auszug aus Ägypten in der Wüste und im Lande Kanaan begangen haben. Der Psalmist benennt mehrfach die Strafe, die der Sünde folgte. Hier sei nur ein Beispiel angeführt: „Und sie wurden eifersüchtig auf Mosche im Lager, auf Aharon, den Heiligen des Ewigen. Es öffnete sich die Erde und verschlang Datan und bedeckte die Gemeinde Avirams. Und es entbrannte Feuer gegen ihre Gemeinde, die Flamme verzehrte die Frevler (Verse 16 – 18; als ein weiteres Beispiel siehe die Verse 28 – 30).
Mit der Strafe muss die Geschichte nicht enden. Nega’im sollen zur Umkehr (hebr.: Teschuwa) anspornen – das ist der Sinn der Gottesschickung. Und nach der Aufzählung der Sünden heisst es im Psalm: „Da sah Er hinein in die Not, die ihnen ward, indem Er den Erguss ihres Inneren hörte, gedachte ihnen Seines Bündnisses, liess sich zur Änderung Seines Sinnes bestimmen nach der Fülle Seiner Liebeswirkungen und gab sie zur Erbarmung vor allen ihren Zwingherren“ (Verse 44 – 46). Im Midrasch zu dieser Passage lesen wir, dass Gebet und Teschuwa Israels Erlösung herbeiführen. (Von: Prof. Dr. Yizhak Ahren)
Parascha Tasria
Tora und Wissenschaft
Oft zeigt sich, dass es insbesondere jüdische Universitätsstudenten sind, die sich und anderen die Frage stellen, ob sie eine ganz besondere Aufgabe zu erfüllen haben. Dazu lässt sich folgendes sagen:
Jedem Menschen sind bestimmte Möglichkeiten und Fähigkeiten gegeben, und in ihrem Rahmen muss man denn die Lösung seiner Aufgaben anstreben. Was spezifisch ein Universitätsstudent zu tun hat, erfordert viel Mut und Entschlossenheit; und ganz besonders gilt dies für gesetzestreue Juden. Ein solches Potential muss immer ausgenutzt werden.
Darauf folgt zum Beispiel sofort, dass man dann nicht behaupten kann, die Wissenschaft stünde im Gegensatz zur Religion. Eine solche Behauptung beruht auf einem grossen Irrtum. Ihrem ganzen Wesen nach sind Wissenschaft und Glauben gut miteinander vereinbar. G-tt, der die Tora am Berge Sinai gegeben hat, ist auch derjenige, der die Wissenschaft geschaffen hat. Die Tora ist die Wahrheit, und die Wissenschaft ihrerseits ist Wahrheit, und schon deshalb kann es keinen Konflikt zwischen beiden geben. In der Tat bekräftigen gerade die Ergebnisse der in neuerer Zeit durchgeführten Untersuchungen, was in der Tora steht – Ideen, die Wissenschaftler noch vor einigen Jahrzehnten nicht für möglich gehalten hätten.
Genau dies aufzuzeigen, also dass Wissenschaft und Religion einander nicht widersprechen, dass im Gegenteil wahre Wissenschaft die Angaben der Tora bestätigt, eben dies ist es, was Studenten als ihre „Mission“ ansehen sollten. Wer in den Wissenschaften zu Hause ist und mit ihnen arbeitet, ist besser zu einer Meinungsäusserung auf diesen Gebieten befähigt als ein Laie. Wenn der Laie dazu etwas sagt, dann wird ihm im Allgemeinen weniger Beachtung geschenkt als einem Studenten oder Graduierten, der das gleiche Thema anschneidet. Daher muss es gerade der gesetzestreue Student als seine Pflicht betrachten, die oben erwähnte Legende von der „Unvereinbarkeit“ zu zerstören.
Die Wissenschaft als solche hat sich nicht vervollkommnet, sie besitzt aber einen inneren Mechanismus zur Selbstkorrektur. Ein neues Ergebnis heute kann eine Hypothese oder eine Schlussfolgerung früherer Jahre umstossen. Dies lässt sich durch folgendes Beispiel illustrieren:
Der Tanach (die Bibel) enthält eine Anzahl von Hinweisen, und ebenso haben wir Aussagen unserer Weisen, die alle davon sprechen, dass die Sonne sich um die Erde dreht. Vor dem 15. Jahrhundert wurden Aussagen dieser Art allgemein akzeptiert. Im 16. Jahrhundert erklärte Kopernikus (nebenbei: ein Mönch und daher ein Gläubiger) aufgrund astronomischer Experimente und Berechnungen die eben genannte Vorstellung für einen Irrtum. Er zeigte, dass die Sonne den Mittelpunkt unseres Sonnensystems bildet und alle Planeten, also auch die Erde, sich um sie bewegen.
Die ganzen folgenden drei Jahrhunderte hindurch sind Rechtfertigungsschriften in riesiger Anzahl verfasst worden, die alle den scheinbaren Widerspruch zwischen der Kopenikusschen Wissenschaft und der Tora zu erklären suchten. In grossen Umrissen liefen jene Erklärungen darauf hinaus, die betreffenden Verse der Tora seien nicht wortwörtlich zu übersetzen. Im Jahre 1905 jedoch legte der bedeutende Wissenschaftler Albert Einstein eine neue Theorie vor, die seitdem dazu verholfen hat, die Streitfrage zu lösen. Dazu ist auch zu bemerken, dass Einsteins Theorie – das ist die Relativitätstheorie – in ihrer Gesamtheit heute von allen Wissenschaftlern akzeptiert wird, während Kopernikus zu seiner Zeit niemals die Zustimmung aller fand.
Es ist eine grundsätzliche These in Einsteins Relativitätstheorie, dass es der Wissenschaft nie gelingen wird, die absolute Wahrheit herauszufinden und so eine völlig gültige Entscheidung zwischen den beiden Sonne-Erde-Systeme zu fällen. Die Relativitätstheorie besagt schon a priori, das wissenschaftliche Wahrheit nie bewiesen werden kann, denn „alles ist relativ“. Der scheinbare Konflikt, der über 300 Jahre lang zwischen Wissenschaft und Religion bestand, stellt sich schliesslich als „nicht existent“ heraus. Denn nach 1905 war es wieder möglich, unsere traditionellen Schriften buchstäblich auszulegen.
von Dr. William Stern
Nach den Werken von Rabbi Menachem M. Schneerson. Herausgegeben von der Lubavitch Foundation, London unter dem Titel „Betrachtung für die Woche“.
Dr. Stern arbeitete als Lehrer in Manchester, später in London. Er verstarb am ersten Tag von Chanukka im Jahre 5756 (1995). Der Rebbe persönlich beauftragte Dr. Stern Anfang der 1970-iger Jahre mit der Übersetzung der „Thought for the Week“ von Rabbi Yitzhak Meir Kagan. Dr. Stern lehnte zunächst mit der Bemerkung ab, dass „Deutschland eine spirituelle Wüste sei“. Der Rebbe antwortete ihm: „Aber die Tora wurde in der Wüste gegeben!“
Kategorien:Gesellschaft
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