Unsere Weisen lehrten uns: „Die Wahrheit kann von überallher zu uns kommen. Nichts ist ohne Wahrheit. Denn ohne einen Funken Wahrheit kann nichts existieren, nicht einmal die Falschheit. Darum ist ein Mensch weise, wenn er weiss, wie er von jedem Menschen etwas Wahres lernen und in allen Dingen Wahrheit entdecken kann.“
Thora-Parascha
Sidra: BeHar – Auf dem Berg
Lesungen: 3. Mose 25,1 – 26,2
Haftara: Jeschajahu 24:1 – 23
Behar-Psalm 112
Wie mit Geld umgehenIn Psalm 112 stehen Bemerkungen über das Leben eines Gottesfürchtigen: „Heil dem Mann, der den Ewigen fürchtet, an seinen Geboten Wohlgefallen hat“ (Vers 1). In mehreren Versen dieses Psalms ist vom Vermögen des Gerechten die Rede; im zugeordneten Wochenabschnitt Behar finden wir eine Passage, die ebenfalls von Geldangelegenheiten handelt.
„Fülle und Reichtum ist in seinem Haus, und seine Gerechtigkeit besteht für immer“ (Vers 3). Rabbiner Hirsch erklärt: „Schwerlich kann der Sinn dieses Satzes sein, dass jeder gottesfürchtige, pflichttreue Mensch reich sei und werde… Die Erfahrung aller Zeiten lehrt das Gegenteil. Es kann daher wohl nur heissen: Wirkliche Genüge und wirklicher Reichtum finden sich nur in seinem Haus.“ A. Chacham erklärt den Zusammenhang zwischen den zwei Teilen des zitierten Verses wie folgt: Sein Reichtum wird ihn nicht zum Abweichen vom Pfade der Gottesfurcht verleiten (vgl. Psalm 52, 9).
Vers 5 des Psalmes lautet: „Wohl ist dem Mann, der gönnt und leiht, seine Angelegenheiten aber nach dem Recht misst.“ Und Vers 9: „Er streut aus, gibt den Armen.“ Wenn ein Gerechter Bedürftigen helfen will, dann schenkt er ihnen Geld oder gewährt ihnen zinslose Darlehen. Hier finden wir den Berührungspunkt zum Wochenabschnitt: „Und wenn neben Dir dein Bruder verarmt und seine Hand wankt, so unterstütze ihn, als Fremdling und Beisasse, dass er bei dir lebe. Nimm nicht von ihm Zins und Aufschlag, fürchte dich vielmehr vor deinem Gotte, dass dein Bruder neben dir lebe“ (Wajikra 25, 35 f.).
Bemerkenswert ist, dass die Tora beim Zinsverbot die Furcht vor Gott erwähnt. Raschi erklärt: Weil ein Jude dieses Gesetz umgehen könnte, indem er durch einen Nichtjuden Darlehensgeschäfte abwickelt, warnt ihn die Schrift: „Fürchte dich vielmehr vor deinem Gotte“. Rabbiner Hirsch erkennt im Hinweis auf die Furcht vor Gott“ das eigentliche Motiv des Verbots des Zinsnehmens, das ohne Vergegenwärtigung Gottes sozial menschlich seine Rechtfertigung finden dürfte“ (Von:Prof. Dr. Yizhak Ahren )
Gedanken zum Wochenabschnitt
Wunder oder Segen?
Bitte verhilf der Ukraine zum Sieg. Bitte besorg mir mehr Geld. Bitte lass meinen Lehrer vor der Klassenarbeit krank werden. Bitte sorg dafür, dass der Chef mein Gehalt erhöht …
Gehört das zu den Aufgaben des EWIGEN?
Gewiss, ein wichtiger Grund für Gebete ist die Bitte um Hilfe. Das gehört zum Bund, zu der Verpflichtung, die Gott und wir vor Jahrhunderten am Berg Sinai eingingen: Wir befolgen seine Gebote, und er hilft uns, mit dem Leben fertig zu werden.
Aber es scheint, dass beim Übersetzen etwas vergessen wurde. Gott hat nämlich nie versprochen, die materielle Welt so zu ändern, wie wir es wollen. Salzsäure wird nicht zu Wasser, ein Schnellzug wird nie fliegen, und Ihr alternder Körper wird nie mehr wie achtzehn aussehen, nur weil wir gläubig sind.
Wenn man regelmässig in der Tora liest, wird jeder schnell merken, dass es dort viel weniger um Wunder geht – um das Teilen des Meeres oder um Manna, das vom Himmel fällt – als um ganz normale Segnungen: um ein Land, in dem Milch und Honig fliessen, um Zeiten des Friedens und der Fülle oder um Erneuerung und Erlösung.
Wunder offenbaren uns die Macht Gottes (die seit Pharaos Zeiten unbestreitbar ist), während sein Segen die Macht offenbart, die er uns gegeben hat. Und das ist der Sinn unserer Existenz.
Wir sind hier, um Gottes Haus auf Erden zu bauen. Das ist natürlich eine Metapher, aber eine zutreffende. Wir bauen das Haus aus Mitgefühl und Liebe, und wir bringen andere dazu mitzubauen. Und Gott wohnt in diesem Haus und in uns.
Diese Woche lesen wir die Sidra Behar. Dort steht viel darüber, wie wir miteinander umgehen sollen und wie wir dafür belohnt werden. Es geht also um Segnungen, nicht um Wunder. “Ihr sollt meine Satzungen einhalten und meine Gebote befolgen, dann werdet ihr sicher leben im Land.” Warum sicher? Weil andere unserem Beispiel folgen und die Satzungen und Gebote ebenfalls einhalten werden!
Denken Sie einmal darüber nach, wie respektlos es ist, wenn wir Gott bitten, die materielle Welt zu unserem Vorteil zu ändern. Ist sie denn nicht gut genug? Obwohl wir versuchen, möglichst viel von ihrer Fülle an uns zu raffen, schenkt sie uns immer noch mehr, als wir brauchen!
Seien Sie dankbar für Gottes Segen. Vermehren Sie diesen Segen. Und wenn Sie sehen, dass andere das Gleiche tun und die Welt dank Ihrer Bemühungen allmählich besser wird, dann ist das ein Wunder.
Schabbat Shalom.
Kategorien:Gesellschaft
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