Es wird eng für Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Die neueste Bestechungsaffäre, die den Namen Akte 4000 bekam, könnte für ihn die letzte Affäre sein und zu Neuwahlen führen, sollten sich die Anschuldigungen als korrekt erweisen. Der suspendierte Direktor des Kommunikationsministeriums Shlomo Filber (Foto) hat in der vergangenen Nacht ein Abkommen unterzeichnet, das ihn zu einem Kronzeugen in der Affäre macht. Als Gegenleistung wird Filber im Falle einer Verurteilung nicht im Gefängnis sitzen müssen.
In der neuen Affäre geht es um die Beziehungen zwischen Netanjahu und der israelischen Telefongesellschaft Bezeq und dem Nachrichtenportal Walla, einer Tochtergesellschaft von Bezeq. Neben Filber wurden noch sechs weitere Menschen festgenommen, darunter der Eigentümer von Bezeq, Shaul Elovitch, zusammen mit seiner Frau Iris und dem Sohn Or, der Direktorin von Bezeq, Stella Handler und sowie ein Berater Netanjahus und ein Leiter der Geschäftsabteilung von Bezeq.
Vertraute Netanjahus sollen Bezeq Vergünstigungen versprochen haben, wenn das Nachrichtenportal Walla als Gegenleistung eine für Netanjahu und seiner Regierung positive Berichterstattung machen würde.
Noch in der Nacht hat Shlomo Filber vor der Polizei eine erste Aussage als Kronzeuge gemacht. Er war für eine gewisse Zeit die rechte Hand Netanjahus. Gleichzeitig hat die Polizei weitere in der Akte 4000 verwickelte Personen vernommen, die sich zur Zeit in Untersuchungshaft befinden.
Akte 4000 ist nicht die einzige neue Affäre, mit der sich Ministerpräsident Netanjahu auseinandersetzen muss. Während der Vernehmungen kam eine weitere Affäre ans Licht, das in den israelischen Medien als Erdbeben bezeichnet wurde. Die Kontaktperson, über die Bezeq-Eigentümer Shaul Elovitch und Shlomo Filber kommuniziert haben, ist der Medienberater und ehemalige Journalist Eli Kamir, der auch an der jetzt veröffentlichten Bestechungsaffäre beteiligt sein soll. Der Medienberater Netanjahus, Nir Hefetz, einer der festgenommenen Verdächtigen der Akte 4000, soll im Jahr 2015 der zu der Zeit am Tel Aviver Gericht tätigen Richterin Hila Gerstel die Position der Generalstaatsanwältin angeboten haben. Als Gegenleistung sollte sie dann eine Klage gegen die Ehefrau von Netanjahu, Sarah, fallen lassen. Die Richterin lehnte dieses Angebot sofort ab, meldete den Fall jedoch nicht den Behörden. Später erzählte sie ihrer Freundin, der heutigen Präsidentin des Obersten Gerichts, Esther Hayut, von dem Angebot. Auf die Frage, warum sie es nicht den Behörden gemeldet habe, antwortete sie, dass sie dafür nicht genügend Informationen gehabt hätte. Esther Hayut hat mittlerweile vor der Polizei ausgesagt und bestätigt von diesem Vorfall von ihrer Freundin gewusst zu haben.
Ministerpräsident Netanjahu meldete sich noch gestern auf seiner Facebookseite zu Wort und dementierte sämtliche Anschuldigungen gegen ihn. Es würde eine Jagd auf ihn und seine Familie gemacht werden.
In Bezug auf die Akte 4000 sagte er: „Wir leben nicht im Wilden Westen. Es gibt hier keine privaten Entscheidungen. Alle Entscheidungen bei Bezeq werden von professionellen Ausschüssen gemacht, unter juristischer Kontrolle. Die Behauptung, ich hätte mich für Bezeq eingesetzt ist aus der Luft gegriffen. Und was die zweite Anschuldigung betrifft, die Benennung des Generalstaatsanwalts, sie ist nicht weniger erfunden und bösartig. Ich habe mich niemals an Nir Hefetz diesbezüglich gewandt, er hat mir nie so etwas vorgeschlagen .Und wisst Ihr was? Ich glaube nicht, dass er mit irgendjemand anderen so eine Möglichkeit erwähnt hat.“
Man könne das Timing dieser neuen Affäre nicht ignorieren, sagte er weiter. „Nachdem aus den Akten 1000 und 2000 die Luft herausgegangen war und nachdem sich zeigte, dass die Akte 3000 noch nicht einmal mit Luft gefüllt war, stellt man einfach neue Fälle her- Alle 2 Stunden ein neuer Fall. Man bringt Vertraute, vernimmt sie und lässt sofort falsche Aussagen aussickern. Und wir kennen das Ziel: Man möchte mit aller Gewalt der Öffentlichkeit eine Wolke über den Kopf des Ministerpräsidenten präsentieren. Es ist einfach unglaublich.“
Er beendete seine Rede mit den Worten: „Also, Bürger Israels, es ist mir wichtig, dass ihr diese Wahrheit kennt. Ich möchte, dass ihr wisst, dass ich mich auf euch und auf das Rechtssystem verlasse und dass ihr euch auf mich verlassen könnt. Ich werde weiterhin den Staat Israel führen – unter Verantwortung, mit Vernunft und grosser Hingabe.“
Der Vorsitzende der Arbeitspartei Avi Gabai, hat mittlerweile den Rücktritt Netanjahus gefordert. „Die Ära Netanjahu ist zuende“, sagte er. Netanjahu sei seines Amtes nicht würdig.
Die nächsten Tage werden zeigen, was an den neuen Anschuldigen dran ist und ob die Akte 4000 die letzte in einer Serie von Affären sein und die Ministerpräsident Netanjahu schliesslich zum Rücktritt bewegen wird, was für Israel den Beginn einer neuen Ära bedeuten würde.
Kategorien:Politik
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