In zwei Jahren soll mit dem Bau der neuen Synagoge für Potsdam begonnen werden. Bei der Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Pogromnacht am Freitag soll ein symbolischer Grundstein gelegt werden.
In spätestens fünf Jahren soll die neue Potsdamer Synagoge in der Schlossstrasse eröffnet werden. Voraussichtlicher Baubeginn ist im Jahr 2020. Die auf mindestens acht Millionen Euro geschätzten Baukosten werden vom Land getragen, das sich auch später mit einem jährlich sechsstelligen Betrag an den laufenden Kosten des jüdischen Gemeindezentrums beteiligen wird.
Am Mittwoch unterzeichneten Kulturministerin Martina Münch (SPD) sowie Ud Joffe von der Synagogengemeinde Potsdam und Mikhail Tkach von der Jüdischen Gemeinde Stadt Potsdam eine Vereinbarung über die Errichtung, Trägerschaft und Betreibung für das Zentrum, die am Vortag vom Kabinett bestätigt worden ist.
Über den Bau einer neuen Synagoge für Potsdam ist bereits seit 13 Jahren verhandelt worden. Ministerin Münch sprach am Mittwoch von einem „langen und komplizierten Weg“. Zu den noch offenen Fragen gehört die Fassadengestaltung des Baus, die nach Angaben von Ud Joffe in den nächsten drei bis vier Monaten geklärt werden soll. Voraussetzung dafür sei die Klärung der Raumaufteilung gewesen.

Darstellungen der bislang letzten Entwurfsfassung für die Neue Synagoge aus dem Jahr 2015. Die endgültige Fassadengestaltung soll in den nächsten Monaten geklärt werden. Quelle: Habeland-Architekten
Nach den am Dienstag vorgestellten Plänen wird es einen Veranstaltungssaal mit bis zu 150 Plätzen im Erdgeschoss geben. Der drei Etagen hohe Gebetsraum mit bis zu 300 Plätzen kommt ins erste Obergeschoss. Die Dachterrasse des 17 Meter hohen Gebäudes soll ebenso wie der Saal und eine Cafeteria öffentlich sein.
Noch vor dem Baubeginn soll von den beteiligten Gemeinden eine Israelitische Kultusgemeinde als Trägerverein gegründet werden, die laut Satzung neben den beiden an der Gründung beteiligten auch anderen Jüdischen Gemeinden in Potsdam offen sein soll. Laut Joffe ist auch der Gesetzestreuen Jüdischen Gemeinde in Potsdam die Mitgliedschaft angeboten worden.
Ministerin Münch erklärte: „Die Errichtung eines jüdischen Synagogen- und Gemeindezentrums in der historischen Landeshauptstadt ist ein fundamentales Anliegen des Landes und ein Symbol dafür, dass jüdisches Leben in Potsdam wieder dort präsent ist, wo es hingehört: im Herzen der Stadt.“
Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sagte: „Ich freue mich über diesen Durchbruch, der unser jüdisches Leben um ein Vielfaches bereichern wird. Jüdisches Leben gehört heute ganz selbstverständlich zu Potsdam.“ Die Landeshauptstadt sei bereit, eine „aktive Rolle zu spielen“, sagte Jakobs mit Verweis auf den Beirat des Gemeindezentrums, in dem die Stadt durch den Oberbürgermeister vertreten sein werde.
Jakobs begrüsste, dass die Synagoge nahezu „im Gleichklang“ mit dem gegenüberliegenden neuen Stadtquartier auf dem Gelände der abgerissenen Fachhochschule gebaut wird. Er sagte: „Ende gut, alles gut: Wir können anfangen, das ist das entscheidende.“
Laut Münch rechnet das Land mit einer Bauzeit von zwei Jahren. Betreut werde die Baustelle vom Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen. Verzögerungen seien möglich durch die angespannte Lage in der Baubranche.

Ruine der Synagoge am Platz der Einheit um 1953. Quelle: Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte
Eine symbolische Grundsteinlegung soll es am Freitag beim Gedenken an den 80. Jahrestag der Pogromnacht geben. Die Veranstaltung beginnt um 14 Uhr am Ort der einstigen Potsdamer Synagoge am Platz der Einheit, die am 9. November 1938 geschändet, im Krieg zerstört und später abgetragen wurde.
Potsdam ist die einzige deutsche Landeshauptstadt ohne eigenen Synagogenbau. Die bislang einzige Synagoge in Brandenburg wurde 2015 in Cottbus eröffnet. Die Synagogengemeinde Potsdam hat nach Angaben von Joffe rund 250 Mitglieder, die Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam hat rund 450 Mitglieder.
Jüdische Gemeinden mit insgesamt 2000 Mitgliedern gibt es nach Angaben der Landesregierung ausserdem in Cottbus, Frankfurt (Oder), Brandenburg/Havel, Bernau, Königs Wusterhausen und Oranienburg. Die Förderung des Jüdischen Gemeindelebens durch das Land ist seit 2005 durch einen Staatsvertrag mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden geregelt. (Volker Oelschläger, MAZ)
Der lange Streit um die neue Synagoge
Um einen neuen Synagogenneubau in Potsdam wird bereits seit eineinhalb Jahrzehnten gestritten. Konfliktpunkte waren unter anderem die Raumaufteilung, die Architektur, der Betrieb und die Nutzung durch unterschiedliche jüdische Gemeinden. Ursprünglich sollte das Gebets- und Gemeindezentrum 2013 eröffnet sein, anfangs plante man mit fünf Millionen Euro Baukosten. 2014 gab es einen Baustopp. Die Baugenehmigung ist mittlerweile ausser Kraft.
Ein Machtwort des Kulturministeriums kam 2014: Abschluss einer Vereinbarung mit mindestens zwei der drei damals an der Diskussion beteiligten und zutiefst zerstrittenen Gemeinden. Im März 2015 brachte das Land de Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland als überparteilichen und neutralen jüdischen Träger ins Spiel.
Der Durchbruch kam im Mai 2016, als die Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam und die Synagogengemeinde Potsdam bekannt gaben, dass sie mittelfristig fusionieren wollen. Am Mittwoch wurde bekannt gegeben, dass diese Gemeinden eine Israelitische Kultusgemeinde als Träger- und Betreiberverein für die neue Synagoge gründen, der auch anderen jüdischen Gemeinden offensteht.
In Potsdam gibt es mittlerweile fünf jüdische Gemeinden: die Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam, die Gesetzestreue Jüdische Landesgemeinde, die Synagogengemeinde (alle der orthodoxen Richtung zugehörig) und die liberalen Hochschulgemeinde Beth Hillel Berlin-Brandenburg sowie die Mitzwa-Gemeinde.
Weitere Infos unter www.synagoge-in-potsdam.de
(Chaim Stolz, JNS)
Kategorien:News
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