Thorazitat – Parascha


Unsere Weisen lehrten uns, dass im Hause Gottes sogar ein Armer einem Fürsten gleicht.

Thora-Parascha

Lesung; „Matot“
Wochenabschnitt: 4. Mose 30,2 – 36,13
Haftara: Jeremia 2:4 – 28, 3:4

Mattot – Psalm 111

Landzuteilung

Psalm 111 ist, wie der erste Vers erklärt, ein Dank-Lied: „Von ganzem Herzen danke ich dem Ewigen in der Redlichen Rat und Gemeinde.“ A. Chacham meint, dieser Psalm sei eine frühe Version des heute üblichen Tisch-Gebets.

Wo finden wir einen Berührungspunkt zwischen Psalm 111 und dem Wochenabschnitt Mattot? In beiden ist von Landzuteilung die Rede.  Vers 6 des Psalms lautet: „Seiner Werke Macht hat er kund getan seinem Volke, ihnen zu geben das Erbe der Völker“. Diesen Vers hat Raschi in seinem Kommentar zum allerersten Vers der Tora zitiert und wie folgt erläutert: „Warum beginnt die Tora mit der Schöpfungsgeschichte? Sollten die Völker der Welt zum Volk Israel sagen: Ihr seid Räuber, denn ihr habt die Länder der sieben Völker erobert, können sie ihnen erwidern: Die ganze Erde gehört Gott, er hat sie geschaffen und dem gegeben, der ihm gefiel. Nach seinem Willen hat er sie ihnen gegeben und nach seinem Willen hat er sie ihnen genommen und uns gegeben“ (siehe auch Raschi zu Vers 6).  Nach Raschis Erklärung hat Gott seinem Volk Land zugeteilt.

Im Wochenabschnitt Mattot lesen wir, dass die Stämme Reuben und Gad östlich des Jordans siedeln wollten. Sie begründeten ihren Wunsch wie folgt: „Atarot und Dibon und Jaser und Nimrah und Cheschbon und Elaleh und Sebam und Nebo und Beon, das Land, das der Ewige geschlagen hat vor der Gemeinde Israel, ist ein Land für Herden, und deine Knechte haben Herden. Und sie sprachen: Wenn wir Gnade gefunden  in deinen Augen, werde dieses Land deinen Knechten gegeben zum Besitz, führe uns nicht über den Jordan“ (Bamidbar 32, 3 – 5). Anzumerken ist, dass sie Land haben wollten, das der Ewige Abram zugesagt hatte, als er mit ihm einen Bund schloss (siehe Bereschit 15, 18; siehe auch Bamidbar 32, 10 – 11).

Im Tischgebet heisst es: „Wir danken Dir, Ewiger, unser Gott, dass Du unseren Vätern ein herrliches, gutes und geräumiges Land hasst zuteilwerden lassen…“. Damit erfüllen wir das Gebot: „Wenn du gegessen hast und dich gesättigt, sollst du segnen den Ewigen, deinen Gott, für das gute Land, das er dir gegeben“ (Dewarim  8, 10). (Von: Prof. Dr. Yizhak Ahren)

Sidra Mattot

In den letzten zwei Sidrot von Bemidbar (4. BM) Mattot und Mass‘ej, kommt am Jordan Fluss, bei Jericho in Moab, ein Ende an die 40 Jahre dauernde Wüstenwanderung des Volkes Israel. Die Israeliten wanderten 38 Jahre in der Wüste herum als Strafe dafür, dass sie jammerten, nach Ägypten zurückkehren zu wollen, wo sie, im Gegensatz zum Aufenthalt in der Wüste, zu essen gehabt hätten. Erst die nächste Generation der aus Ägypten Ausgezogenen wird das verheissene Land erben dürfen (Bemidbar 14, 1-35).

Die Tora überliefert uns nur spärliche Informationen über die Situation in der Wüste. Wir lesen über Nahrungs- und Wassermangel, über Aufstände gegen Mosche und Aharon, dass die Stämme ihre Lager um das Stiftzelt herum aufstellten und dass die vorhandenen Gesetze durch gegebene Umstände weiterentwickelt wurden, wie z. Bsp. das Erbrecht der Frauen, wenn keine männlichen Erben bestehen. Wir wissen nicht, ob sich etwa eine Gruppe der Unzufriedenen abspaltete – sicher nicht undenkbar  – und nach Ägypten zurückkehrte oder ob Gruppen Israeliten sich unterwegs den Moabitern, Edomitern oder Amonitern anschlossen – durchaus möglich –  durch deren Gebiet sie zogen. Was wir wissen ist, dass die zweite Generation das Land einnehmen und zu ihrer Heimat machen wird und trotz – oder dank sei – allen Ereignissen und Erzählungen der Eltern, dies auch will.

Die Tora übermittelt uns eine Geschichte, in der die jüngere Generation die Ideale ihrer Eltern übernommen und sich angeeignet hat. Ist das eine Selbstverständlichkeit? Wir brauchen gar nicht weit um uns zu schauen, um die Antwort zu formulieren: Nein. Auf der einen Seite werden wir durch den eigenen Charakter und unsere Gene gesteuert, auf der anderen Seite bestimmt das, was wir von den Eltern und anderen Erziehern aus unserem Umfeld an Normen, Werten und Idealen mitbekommen haben, unsere Einstellung zum Leben, unser Verhalten und unsere Entscheidungen. Das war bei der Wüstengeneration der aus Ägypten gezogenen Israeliten nicht anders. Ihre Gedanken und Ideale, ihr Handeln und ihr Streben formten sich durch das Angeborene, das Erlernte und die Umstände.
Eine erwachsene Person oder Familie, die Mitglied unserer Gemeinde geworden ist, hat diese Wahl aus bestimmten Gründen und Motiven getroffen. Ob die volljährigen Kinder dieser Mitglieder sich auch für eine Mitgliedschaft, ja sogar für ein Engagement in unserer Gemeinde entscheiden, ist alles andere als selbstverständlich. Die eigenen Umstände und Bedürfnisse der jungen Erwachsenen und die Anziehungskraft der Gemeinde spielen dabei sicher eine unübersehbare Rolle. Wir dürfen jedoch die Erziehung und Prägung der Eltern bei einer solchen Wahl nicht ausser Betracht lassen! Nun ist ein Entscheid von Kindern gegen eine elterliche Prägung nicht per Definitionem falsch oder schlecht. Das Gegenteil kann der Fall sein. Entscheidungen, die junge Erwachsene treffen, gründen auf einer Mischung zwischen Genen, Charakter, gegebener Umstände, Erfahrungen und Erziehung. Die Sachen liegen aber nicht schwarz-weiss. Wie oft sehen wir, dass junge Erwachsene ihren eigenen – manchmal nicht dem Elternhaus entsprechenden –  Idealen folgen, um sich später, als gereifte Erwachsene, denen der Eltern wieder anzunähern und sie mehr noch als ihre eigenen zu umarmen.

Schabbat schalom,

Rabbiner Reuven Bar Ephraim,   JLG Zürich



Kategorien:Gesellschaft

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