Israels Impfkampagne stockt


Jeder kann, nicht alle wollen

Der Lockdown hat in Israel kaum etwas gebracht. Deshalb setzt die Regierung jetzt voll auf die Impfkampagne, um Corona in den Griff zu bekommen. Doch das Interesse an Impfungen lässt nach, was die Regierung vor grosse Probleme stellt.

Als am Morgen Tel Avivs Impfzentrum für Ausländer erstmalig öffnete, bildete sich eine lange Schlange vor der Einrichtung im Süden der Stadt. Dort leben viele Asylsuchende aus Afrika, hauptsächlich aus dem Sudan und Eritrea.

Ihnen und allen anderen Ausländern, die keine Mitgliedschaft in Israels gesetzlichen Krankenkassen und damit keinen regulären Zugang ins Gesundheitssystem haben, bietet die Stadtverwaltung nun in Kooperation mit einem der grössten Krankenhäuser kostenlose Corona-Impfungen an.

Geimpft werden alle über 16. Sie müssen lediglich ein Visum oder einen Pass mitbringen. Die Interessenten müssen nicht in Tel Aviv wohnen. Eine Kontrolle von Adressen werde es nicht geben, erklärte die Stadtverwaltung vorab. Der Termin muss auch nicht vorher vereinbart werden. Nach der ersten Impfung bekommt man gleich den Termin für die zweite.

Weil das Interesse bei Israelis nachlässt, impft Israel nun auch Ausländer, die im Land leben – wie diese Nonne aus Frankreich. Bild: AFP

Lange Warteschlangen vor Israels Impfzentren sind mittlerweile die Ausnahme. Die Impfkampagne ist ins Stocken geraten, obwohl genug Impfstoff vorhanden ist. Während zwischenzeitlich bis zu 230.000 Menschen pro Tag geimpft wurden, sind es jetzt nur noch rund 100.000. Vereinzelt mussten Impfdosen weggeschmissen werden, weil sie nicht aufgebraucht wurden und nicht mehr gelagert werden konnten.

Rund 23 Prozent der Bevölkerung haben mittlerweile bereits beide Impfungen erhalten. In der Altersgruppe der über 60-Jährigen liegt die Impfquote bei 85 Prozent – bei den 20- bis 30-Jährigen dagegen nur bei rund 30 Prozent. Je jünger, desto grösser die Impfskepsis. Das gilt auch in Israel.

Das Gesundheitsministerium will die Impfbereitschaft nun mit einer Informationskampagne erhöhen. Ausserdem wollen die Behörden im Netz gegen Fake-News rund um das Impfen vorgehen.

Die Zahl der Neuinfektionen ist weiter sehr hoch. Am Montag wurden rund 7500 neue Fälle gemeldet – im kleinen Israel mit seinen neun Millionen Einwohnern. Nachdem der gerade beendete scharfe Lockdown keine wesentliche Senkung der Infektionszahlen brachte, setzt die Regierung im Kampf gegen die Pandemie nun vollkommen auf den Erfolg der Impfkampagne und ist von einer hohen Beteiligung abhängig.

Mehrere Lokalpolitiker kündigten zuletzt Alleingänge an, um die Impfbereitschaft zu erhöhen. In der Stadt Yavne sollen nur noch geimpfte Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen unterrichten dürfen.

Der Bürgermeister von Jerusalem brachte gegenüber Vertretern der arabischen Einwohnerschaft unter anderem eine mögliche Verhängung von Moschee-Verboten für Ungeimpfte ins Spiel. Auch über eine generelle Impfpflicht wird in Israel diskutiert. Dafür zeichnen sich aber keine politischen Mehrheiten ab. (Tim Assmann/ARD Tel Aviv)

 



Kategorien:Gesellschaft

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