In Gelsenkirchen versammelten sich am Mittwochabend rund 180 Menschen und skandierten judenfeindliche Parolen. Mittlerweile wurde einer der Krawallmacher identifiziert, der Staatsschutz ermittelt.
Nach der antiisraelischen Versammlung in Gelsenkirchen, bei der auch antisemitische Parolen laut wurden, hat die Polizei einen Tatverdächtigen identifiziert. Es handle sich um einen 26-jährigen Deutsch-Libanesen aus Gelsenkirchen, teilte die Polizei in der Ruhrgebietsstadt am Donnerstagabend mit. Der Staatsschutz habe eine Ermittlungskommission eingerichtet, «um zügig weitere Details aufzuklären».
In Gelsenkirchen hatte die Polizei am Mittwochabend eine nicht angemeldete Demonstration gegen die Gewalteskalation im Nahen Osten gestoppt, bei der sich etwa 180 Menschen vom Bahnhofsvorplatz in Richtung Synagoge in Bewegung gesetzt hatten. Sie skandierten dabei judenfeindliche Beschimpfungen. Die Polizei verhängte unter anderem Strafanzeigen wegen Volksverhetzung, Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung von Einsatzkräften.
Antiisraelische Proteste am Donnerstag unter anderem in Bremen und Hamm blieben friedlich, wie die örtlichen Polizeidienststellen am Abend mitteilten. In Bremen nahmen demnach bis zu 1500 Menschen an einer von der palästinensischen Gemeinde angemeldeten Kundgebung teil, in Hamm waren es bis zu 300 Menschen.
Am Dienstagabend waren vor der Synagoge in Münster israelische Flaggen verbrannt worden. In Bonn wurde der Eingangsbereich einer Synagoge durch Steine beschädigt, drei Tatverdächtige wurden festgenommen.
Vertreter jüdischer Gemeinden in Deutschland zeigen sich nach den Vorfällen alarmiert. Die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, Judith Neuwald-Tasbach, sagte der Zeitung «Die Welt» am Freitag: «Als Tochter von Holocaust-Überlebenden verstehe ich überhaupt nicht, wie so etwas wieder passieren kann.» Für die Mitglieder ihrer Gemeinde seien die Vorfälle von Mittwochabend in Gelsenkirchen «beängstigend und emotional schwer zu verkraften».
Die Vorsitzende der Synagogengemeinde Bonn, Margaret Traub, sagte der «Welt», «es ist mir egal, woran die Leute glauben. Aber leider sind es immer wieder junge islamistische Männer, die uns Juden angreifen.» Der Antisemitismus komme jedoch von allen Seiten, auch von Rechten, Linken und aus der Mitte der Gesellschaft. «Die Menschen kennen keine Juden und hassen sie trotzdem.»
Sharon Fehr, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Münster, berichtete der Zeitung von einer wachsenden Verunsicherung unter den Mitgliedern. «Wer eine israelische Fahne vor einem jüdischen Gotteshaus verbrennt, stellt sich explizit gegen unsere Bemühungen eines friedlichen Miteinanders.» Er wolle sich nicht vorstellen, «was passiert wäre, wenn für die aggressive Meute ein Jude erkennbar gewesen wäre.»
Bist du oder ist jemand, den du kennst, von Antisemitismus betroffen?
Hier findest du Hilfe:
GRA, Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus
Vorfall beim Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) melden
Kategorien:News
Kommentar verfassen