In der Thora ist wirklich nicht viel Gutes über Hunde zu lesen. „Wie ein Hund zurückkehrt zu seinem Auswurf, so wiederholt der Tor seine Narrheit“, heisst es zum Beispiel in den Sprüchen (26,11). „Mich umringen Hunde“ (Psalm 22,17), »werden die Hunde auch dein Blut lecken“ (1. Könige 21,19), und „bin ich ein Hund, dass du an mich kommst mit Stöcken?“ (1. Samuel 17, 43) klingt auch alles andere als nett. Zuletzt noch der Prediger (9,4): „Denn wer irgend noch verbunden ist mit den Lebendigen, hat Hoffnung, ja einem lebendigen Hunde ist wohler als einem toten Löwen.“ Zur Ehrenrettung der Vierbeiner sei auf das 2. Buch Moses (11,7) verwiesen: „Aber gegen alle Kinder Israels wird kein Hund seine Zunge spitzen“. Dieser Satz steht im Zusammenhang mit dem Auszug aus Ägypten, den die Hunde nicht durch lautes Gebell verrieten, vielmehr sollen sie in dieser Nacht geschwiegen haben. Als Lohn dafür, so erläutert Raschi, soll Fleisch, das unkoscher geworden ist, nicht auf dem Müll landen, sondern ihnen zum Frass vorgeworfen werden.
Eigentlich darf ein gesetzestreuer Jude keinen Hund halten, der gefährlich werden könnte. Wenn er aber das Tier zum Schutz von Haus und Hof braucht, muss er wenigstens dafür Sorge tragen, dass der Vierbeiner auch richtig angeleint ist. Allerdings bezeichnen einige rabbinische Autoritäten Hunde insgesamt als »Chaje temeia«, unreine Tiere. Sie verweisen auch auf die Kabbala, nach der Hunde die Kräfte der rituellen Unreinheit »Tuma« symbolisieren. Jüdisches Recht verbietet nicht die Tierhaltung, viele religiöse Juden haben Katzen oder Hunde zu Hause, doch stellt sie dies vor einige Herausforderungen.
Die Thora stellt den Menschen über das Tier (1. Buch Moses 1,26), aber ihm gleichzeitig vorschreibt, dass er alle Lebewesen mit Respekt zu behandeln hat. Das Judentum legt sehr grossen Wert darauf legt, dass Tiere anständig behandelt werden. Es ist verboten, ihnen unnötig Schmerzen zuzufügen. »Tzaar baalei chajim«, also Tierquälerei, ist tabu.
Im jüdischen Gesetz haben eben auch Tiere Rechte. Zum Beispiel das Recht auf Ruhe am Schabbat. Im 2. Buch Moses (20,10) heisst es über den siebten Tag: »Da sollst du keinerlei Werk verrichten«, und dabei werden nicht nur Sohn, Tochter, Knecht und Magd, sondern auch das Vieh erwähnt. Also muss auch der Hund ruhen, darf seinem Herrchen nicht einmal die Zeitung im Maul zum Sessel bringen.
Der Talmud (Schabbat 128 a) bezeichnet alle Tiere als Mukze, also als etwas, was alltäglich ist, nicht dem Feiertag nutzt, und mit dem die Schabbatruhe verletzt wird. Spätere rabbinische Meinungen unterschieden aber Tiere, die vielleicht doch einen Nutzen am Schabbat haben, wie Haustiere, die ihren Besitzern Gesellschaft leisten oder die beruhigende Wirkung auf Kinder haben.
Und Gassi gehen am Schabbat? Eigentlich kein Problem. Nur gilt es auch hier, zahlreiche Regeln zu beachten. Denn man darf sein Schosshündchen keinesfalls auf den Arm nehmen, auch soll kein Zubehör nach draussen getragen werden. Halsband und Leine können zu Hause angelegt werden, aber das halachisch bewusste Herrchen oder Frauchen darf sie draussen nicht herumtragen. Und das gilt auch für die Vierbeiner. Wenn Hunde die Leine beim freien Auslauf selbst im Maul halten, verstösst das gegen die Regeln. Und da Mukze eben alles ist, was für den Schabbat oder Feiertag keinen direkten praktischen Nutzen hat – an dieser Stelle wird dann stets der Vergleich zu einem Stein oder Stock herangezogen –, ist nach strenger rabbinischer Auslegung auch das Tragen von Hundemarken oder Schmuckanhängern an Fiffis Halsband verboten, also damit auch am Schabbat nicht erlaubt.
Und – auch wenn dies am Wochentag gut und richtig ist – am Schabbat darf der Hundehalter keine Plastiktüten mitführen, um die Hinterlassenschaft des Tieres von der Wiese oder dem Gehweg zu entfernen und anschließend zu entsorgen.
Der Talmud schreibt übrigens auch vor, dass nur der sich Tiere anschaffen darf, der sie auch versorgen kann. Und noch etwas: Der Tora zufolge (5. Buch Moses, 11,15) muss der Mensch erst seine Tiere versorgen, bevor er sich selbst zu Tisch setzt. »Und ich werde Gras geben auf deinem Feld für dein Vieh, und du wirst essen und satt werden.« Hier sind zuerst die Tiere erwähnt. Der Talmud bekräftigt diese Aussage, wenn zum Beispiel (Brachot 40a) geschrieben steht: „Es ist zu essen verboten, bevor er seinem Vieh Futter gegeben.“
Koscher muss das Tierfutter nicht sein, aber milchige und fleischige Speisen dürfen auch hier nicht zusammen auf den Teller landen. Nicht, weil der Hunde dieser biblischen Vorschrift folgen muss. Vielmehr ist es dem Menschen nicht nur verboten, selbst milchig und fleischig zugleich zu essen, er darf auch keinen Nutzen aus dieser verbotenen Kombination ziehen. Und da die rabbinischen Weisen davon ausgingen, dass der Mensch sich erfreut, wenn er seinen treuen Vierbeiner füttert, ist also diese Art der Tierverpflegung verboten.
Wer nun trotz aller halachischen Hürden an die Anschaffung eines Hundes denkt, dem sei hier How to Raise a Jewish Dog empfohlen. In dem bei Little, Brown and Company (2007) erschienenen Buch geben Rabbiner eines fiktiven Theologischen Seminars von Boca Raton/Florida Tipps für Pflege, Aufzucht und Erziehung eines wahrhaft jüdischen Hundes. Eine sehr nützliche Lektüre für alle, die an die Weisheit eines bekannten Rabbiners glauben, die in der Buchempfehlung zitiert wird: „Wir sollten uns alle bemühen, der Mensch zu werden, für den uns unsere Hunde halten.“
(Textauszug: Jüdische Allgemeine / Video: Shlomo Raskin; Thora in Frankfut / Bild: Foxterrier Namens Moshe ´´ [Mo]; Chaim Stolz)
Kategorien:Gesellschaft
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